Nearshoring in Norddeutschland oder Indien?
Warum Nearshoring in Norddeutschland noch günstiger sein kann als in Indien
Coronic-Geschäftsführer Dr. Frank Bock: Nachteile, die beim Offshoring regelmäßig auftreten, sind beim Nearshoring in Norddeutschland von vornherein ausgeschlossen
(21.06.11) - Bei der Software-Entwicklung von den günstigen Personalkosten in Indien und Asien zu profitieren, das ist die Idee hinter dem klassischen Offshoring. Jedoch sorgt bereits die unterschiedliche Zeitzone für massive Probleme. Daher hat sich eine Sonderform des Offshorings etabliert: das so genannte Nearshoring, also das Auslagern von Dienstleistungen in die Staaten Osteuropas. Aber auch hier steckt der Teufel im praktischen Detail. Deswegen geht das Kieler Softwarehaus Coronic in die Offensive und bietet als erstes Unternehmen "Nearshoring in Norddeutschland" an. Was genau sich dahinter verbirgt und weshalb es sich lohnt, erklärt Coronic-Geschäftsführer Dr. Frank Bock in dem folgenden Interview.
Sie bezeichnen sich etwas provozierend als "die besseren Inder". Was meinen Sie damit?
Dr. Frank Bock: Das ist ganz und gar nicht respektlos gegenüber den Indern gemeint! Ich will damit nur sagen, dass man nicht unbedingt auf den indischen Subkontinent gehen muss, um für wenig Geld viel Software-Entwicklungsleistung zu bekommen. Mich ärgert, dass beim Thema Offshoring immer so getan wird, als könne man nur in Asien oder Osteuropa zu bezahlbaren Preisen Software entwickeln. Das ist ein Ammenmärchen, das leider viele Unternehmen glauben. Niedrigere Preise müssen nicht wirklich günstiger sein. In Schleswig-Holstein erhält man erstklassige Softwareentwicklung, die sich genauso rechnet und besser ist als jedes Offshoring.
Warum besser?
Bock: Weil die Nachteile, die beim Offshoring regelmäßig auftreten, beim Nearshoring in Norddeutschland von vornherein ausgeschlossen sind. Die üblichen Schwierigkeiten bei der Projektsteuerung oder Unterschiede in der Leistungsauffassung gibt es nicht.
Warum treten die Probleme beim Nearshoring in Norddeutschland nicht auf?
Bock: Alle Projektbeteiligten kommen beim Nearshoring in Norddeutschland aus dem gleichen Land. Das heißt, sie sprechen dieselbe Sprache und sie arbeiten in derselben Zeitzone. Das klingt banal, ist aber für die Projektsteuerung essentiell. Denn selbst wenn beide Seiten Englisch sprechen können, ist es doch für keinen der Beteiligten die Muttersprache. IT-Projekte sind heute so komplex, dass oft schon beim Auftraggeber Uneinigkeit herrscht, wie die gewünschten Pflichten und Funktionen auf Deutsch korrekt zu beschreiben sind. Noch schlimmer wird das bei Telefonkonferenzen oder bei späteren Änderungsanforderungen an der Softwarefunktionalität.
Solche Änderungen erfolgen in vielen Schritten und erfordern immer wieder eine enge Rückkopplung zwischen Softwareentwickler und Auftraggeber. 10 bis 15 so genannte Iterations-Schritte sind bei modernen Softwareprojekten nicht ungewöhnlich. Wenn man sich da nicht einfach persönlich treffen kann, weil man erst nach Indien fliegen müsste, wird ein ohnehin schwieriger Vorgang schnell zum Rohrkrepierer. Nur wer sich ohne Sachprobleme regelmäßig abstimmen kann, ist auch auf das jeweils Wesentliche konzentriert. Das ist die Grundvoraussetzung für die Entwicklung qualitativ hochwertiger und fehlerfreier Software-Lösungen und spart zudem noch Zeit und Geld. Das gleiche gilt für die Zeitzone: Es erleichtert die Zusammenarbeit und individuelle Abstimmung ungemein, wenn mein Projektpartner auch am Schreibtisch sitzt, während ich arbeite, und nicht gerade schläft, weil bei ihm tiefe Nacht ist. Außerdem fallen kulturelle Unterschiede nicht ins Gewicht.
Inwiefern spielen "kulturelle Unterschiede" überhaupt eine Rolle?
Bock: Nehmen Sie ein Projekt, bei dem eine Software für den Öffentlichen Nahverkehr in einer großen deutschen Stadt entwickelt werden soll, beispielsweise um alle Buslinien einer Verkehrsgesellschaft miteinander zu vernetzen. Dafür müssen Sie eine Vorstellung davon haben, wie ein solches Verkehrssystem tatsächlich funktioniert - In Deutschland und nicht in Indien, China oder Rumänien. Wenn Sie das Ihrem Entwickler erst mühsam erklären müssen, weil er völlig andere Vorstellungen und Kenntnisse vom Nahverkehr hat, dann kostet Sie das Zeit und Nerven. Der große Vorteil einer Entwicklung in Deutschland ist, dass die Entwickler eine tatsächlich gelebte Vorstellung von den Produkten und Prozessen des Kunden haben. Sie kennen sie nämlich aus ihrem eigenen Alltag.
Aber wenn ich für die Leistung nur die Hälfte zahle, kann ich mir den erhöhten Zeitaufwand ja ohne weiteres leisten
Bock: Das ist nicht nur eine Milchmädchenrechnung, sondern auch faktisch falsch: Die Löhne in Asien liegen zwar auf den ersten Blick deutlich unter denen in Deutschland. Aber wenn man genauer hinschaut und die Nebenkosten in die Berechnung mit einbezieht, dann bewegt man sich schnell auf dem gleichen Kostenniveau.
Viele Großkonzerne gehen heute von 30 Euro Stundensatz für einen Senior Developer in Indien aus. Hinzu kommen noch die Projektleitungskosten des Auftraggebers in Deutschland, seine Reisekosten, der natürliche Mehraufwand für die Kommunikation - und gegebenenfalls noch Maklerkosten. Dann hat sich der reale Stundensatz schnell verdoppelt. Und für 60 Euro finden Sie auch in Deutschland adäquat qualifizierte Softwareentwickler - inklusive deutscher Hochschulausbildung und jahrelanger Projekterfahrung. Vielleicht nicht in Stuttgart, München oder Köln, dafür aber bei Coronic in Kiel. Darüber hinaus muss sich jeder Entscheider fragen, ob er in das Auslaufmodell Offshoring noch Zeit, Geld und Nerven investieren will.
Offshoring ein Auslaufmodell? Wie kommen Sie darauf?
Bock: In spätestens fünf Jahren werden die Gehälter von Softwareentwicklern in Indien europäisches Niveau erreichen. Denn in den Schwellenländern wächst die Wirtschaft jährlich mit sechs bis zwölf Prozent. Entsprechend fallen auch die Lohnzuwächse aus, bei IT-Spezialisten sogar überproportional. Das bedeutet, dass sie sich regelmäßig andere Länder für das Offshoring suchen müssen, um von niedrigen Stundensätzen zu profitieren. Und das wiederum ist jedes Mal aufs Neue mit Reibungsverlusten in der Anfangsphase verbunden. Da ist es doch viel vorausschauender, auf eine kostengünstige und langfristige Zusammenarbeit mit einem deutschen Partner zu setzen.
Zum Beispiel in Schleswig-Holstein?
Bock: Genau. Dafür spricht neben den zuvor genannten Gründen, dass das Lohnniveau für Software-Entwickler in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr niedrig ist. Wir liegen hier 15 bis 20 Prozent unter dem, was in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder im Münchner Raum bezahlt wird. Außerdem verlassen in Schleswig-Holstein jedes Jahr hervorragend ausgebildete, hochqualifizierte Informatiker die Hochschulen, die auch weiterhin gerne im "Land zwischen den Meeren" leben und arbeiten wollen. Wir leiden also nicht unter Fachkräftemangel wie andere Bundesländer - selbst wenn wir weniger zahlen als in München. Hinzu kommt, dass Sie beim Offshoring nie wirklich wissen, ob die Mitarbeiter, die in der Rechnung auftauchen, auch wirklich in dem genannten Umfang gearbeitet haben.
Aber das ist doch generell ein Problem, wenn ich mit Außenstehenden zusammenarbeite. Wie soll ich kontrollieren, zu welchen Zeiten welche externen Mitarbeiter auch tatsächlich an meinem Projekt arbeiten?
Bock: Das trifft sicherlich auf viele Unternehmen zu. Aber Coronic ist anders - auch in dieser Hinsicht. Wir setzen auf absolute Transparenz. Unsere Kunden haben vollen Einblick in unsere Zeiterfassung und Aufgabensteuerung. Sie können so nachvollziehen, ob und wann unsere Mitarbeiter im Projekt für sie tätig geworden sind. Außerdem können Sie auch die einzelnen Entwickler jederzeit telefonisch erreichen. So bekommen Sie ein gutes Gefühl dafür, wer wirklich an dem Projekt arbeitet. Bei uns wird nur das abgerechnet, was auch wirklich geleistet wurde. Darüber hinaus zwingen wir unseren Kunden keine festen Vertragslaufzeiten oder garantierten Auftragsvolumina auf. Wer mit uns nicht zufrieden ist, kann jederzeit aussteigen. Es wird eben nur bezahlt, was auch gearbeitet wurde.
Ist das nicht ziemlich riskant für Sie?
Bock: Nicht wirklich. Ich bin sicher, wer erst einmal mit uns zusammenarbeitet, wird das auch langfristig tun. Deswegen gehen wir ohne weiteres in Vorleistung. Das oberste Prinzip bei Coronic ist Vertrauen. Vertrauen gegenüber den eigenen Mitarbeitern, aber auch Vertrauen gegenüber dem Kunden. Und dieses Vertrauen senkt wiederum die Kosten. Denn ein Großteil der Kosten in der IT-Branche besteht aus Sicherheitszuschlägen, um eventuelle Projektrisiken abzupuffern. Wir verzichten auf diese Sicherheitszuschläge. Auch das ist ein Grund, weshalb Coronic Softwareentwicklung zu Preisen anbietet, die deutlich unter der Konkurrenz in Deutschland liegen. Und man muss ganz ehrlich sagen, dass Deutschland mittlerweile im internationalen Vergleich mit anderen EU-Industriestaaten eher ein Billiglohnland ist. Deswegen ist es viel sinnvoller, Nearshoring in Norddeutschland zu machen - und das natürlich am besten in Schleswig-Holstein bei Coronic. Wie gut wir sind, können unsere Kunden im Bereich der Softwareentwicklung bestätigen. Hierzu zählen neben der Volksbankengruppe, diverse Sparkassen, T-Systems, T-Mobile, Thales, EADS, aber auch europäische Firmen wie die Banca Monte dei Paschi di Siena - das ist die drittgrößte Bank Italiens.
Was empfehlen Sie dem Unternehmen, das zwischen Offshoring in Indien und Nearshoring in Schleswig-Holstein schwankt?
Bock: Ausprobieren. Wir bieten bei Coronic unseren Neukunden wirklich indische Einstiegspreise. Im ersten Monat zahlen sie nur 30 Euro pro Entwicklerstunde. Das sind Verhältnisse wie in Übersee - mit allen Vorteilen die Softwareentwicklung in Deutschland zu bieten hat. (Coronic: ra)
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