CLOUD Act auch für europäische Cloud-Provider?
Schatten über der DSGVO: Welche Fragen der CLOUD Act für europäische Unternehmen aufwirft
Kommt es zu einer Anfrage nach in Europa gespeicherten Datensätzen, könnten Cloud-Anbieter nur eines der beiden Gesetze – CLOUD Act oder DSGVO – einhalten
Nahezu zeitgleich mit der DSGVO ist der US-amerikanische CLOUD Act in Kraft getreten. In der Praxis geraten damit zwei Rechtsauffassungen unvereinbar miteinander in Konflikt. Nicht nur für Cloud-Anbieter, sondern auch für Unternehmen, die Cloud Computing-Anwendungen nutzen, könnte dies rechtliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Anliegen des "Clarifying Lawful Overseas Use of Data" (CLOUD) Act ist es, die US-amerikanische Strafverfolgung zu erleichtern, indem der Zugriff auf im Ausland gespeicherte Kommunikationsdaten von Verdächtigen vereinfacht wird. Was bislang im Rahmen von Rechtshilfeabkommen zwischen den Regierungsbehörden verschiedener Länder im Laufe mehrerer Monate abgewickelt wurde, soll nun schneller möglich sein.
Gemäß CLOUD Act können US-Ermittlungsbehörden Daten direkt von Unternehmen wie beispielsweise Microsoft, Google oder Amazon anfordern. Eingeschlossen sind damit auch Daten, die auf Servern im Ausland gespeichert sind. Betroffen davon sind nicht nur Verkehrsdaten sondern auch Inhaltsdaten. Eine richterliche Anordnung benötigen die Ermittler für die Anforderung nicht. Der Cloud-Anbieter wiederum ist nicht dazu verpflichtet, die Betroffenen über die Herausgabe der Daten zu unterrichten.
Dies steht im Widerspruch zu den Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung. Kommt es zu einer Anfrage nach in Europa gespeicherten Datensätzen, könnten Cloud-Anbieter nur eines der beiden Gesetze – CLOUD Act oder DSGVO – einhalten. Zwar macht der CLOUD Act die Einschränkung, dass die Herausgabe von Daten nur erfolgen soll, sofern dadurch keine nationalen Gesetze gebrochen werden. Für diese Fälle sollten bilaterale Abkommen geschlossen werden, die die Art des Zugriffs weiter regeln sollen. Jedoch befinden sich die entsprechenden Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten erst am Anfang. Somit herrscht gegenwärtig rechtliche Unsicherheit.
Die Tatsache, dass die großen Anbieter geschlossen den CLOUD Act begrüßt hatten, beunruhigt europäische Datenschützer zusätzlich und veranlasst dazu, die aktuellen Auswirkungen auf die DSGVO genauer zu evaluieren. Neben der unmittelbaren Verletzung der durch die DSGVO geschützten Persönlichkeitsrechte bringt der CLOUD Act theoretisch auch Auswirkungen für Unternehmen mit sich, die die Cloud nutzen.
CLOUD Act kann auch für europäische Cloud-Provider gelten
Verarbeiten Unternehmen personenbezogene Daten in der Cloud, müssen sie sicherstellen, dass dabei das in der Europäischen Union geforderte Datenschutzniveau eingehalten wird. Dementsprechend ist es in europäischen Unternehmen Best Practice, sich für einen Cloud-Anbieter mit Rechenzentren in der EU zu entscheiden.
Nun ist damit allerdings nicht mehr automatisch sichergestellt, dass der geforderte Standard erfüllt ist. Warum? Weil der CLOUD Act sich nicht auf Firmen mit Hauptsitz in den USA beschränkt. Er bezieht sich auf Unternehmen weltweit, die eine Niederlassung in den USA unterhalten oder dort einer Geschäftstätigkeit nachgehen.
Damit ist der Blick auf den Unternehmenssitz und den Verarbeitungsstandort eines Unternehmens nicht mehr ausreichend, um seiner Sorgfaltspflicht im Rahmen der DSGVO nachzukommen. Unternehmen, die die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Cloud planen, müssten daher eine noch größere Sorgfalt in der Auswahl ihrer Cloud-Anbieter walten lassen und gegebenenfalls ihre Verträge mit ihnen entsprechend anpassen. Beispielsweise wäre es denkbar, den Cloud-Anbieter vertraglich zu verpflichten, den Nutzer über eine Expansion in die USA und damit in den Gültigkeitsbereich des CLOUD Acts, zu informieren.
Vertraulichkeit in Gefahr
Vor dem Hintergrund des CLOUD Acts sehen Datenschützer außerdem die Nutzung populärer Cloud-Anwendungen mit Sorge, sofern davon personenbezogene Daten betroffen sind. Stellen US-Behörden eine Anfrage zu bestimmten Personendaten bei einem großen Cloud-Anbieter, besteht theoretisch die Gefahr, dass die mit der betroffenen Person verbundenen, in einem Unternehmen verarbeiteten Daten aus Cloud-Anwendungen herausgegeben werden.
Da ein Zugriff durch US-Behörden auf diese Daten nicht ausgeschlossen werden kann, ist auch hier womöglich das geforderte Datenschutzniveau nicht erfüllt und die Persönlichkeitsrechte nicht ausreichend gewahrt. Demzufolge begehen Unternehmen nach DSGVO-Lesart einen Verstoß: Indem sie sich für Cloud-Anwendungen eines US-Anbieters entscheiden, nehmen sie das Risiko eines unberechtigten Zugriffs Dritter in Kauf. Ihrer Verpflichtung zu einer Datenschutz-Folgenabschätzung wären sie dementsprechend nicht ausreichend nachgekommen.
Zero Trust-Policy für unternehmenseigene Daten
Angesichts der laufenden Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA erscheint es zwar unwahrscheinlich, dass Cloud-Nutzer gegenwärtig auf Grund der eben erläuterten Szenarien Konsequenzen im Zuge der DSGVO befürchten müssen.
An der zu Grunde liegenden Problematik ändert dies allerdings nichts: Die DSGVO verlangt von Unternehmen vollständige Kontrolle über die von ihnen erhobenen Daten und zwar über die gesamte Verarbeitungskette hinweg. Der CLOUD Act, der sich über diese Ebene hinwegsetzt, unterminiert diese Kontrollfunktion. Für Unternehmen steht außerdem die Frage im Raum, inwieweit betriebsinterne Informationen von den Zugriffsrechten des CLOUD Act beeinträchtigt sein könnten.
Sollten im Zuge von Ermittlungen auch Unternehmensdaten an die Behörden übergeben werden, wüssten die betroffenen Unternehmen darüber nicht Bescheid. Ebenso wenig hätten sie Kenntnis darüber, ob, wo und wie lange ihre Daten aufbewahrt werden oder ob noch weiteren Behörden darauf Zugriff ermöglicht wird.
Derartige Szenarien führen vor Augen, dass künftig in der Cybersecurity-Strategie von Unternehmen nicht nur die Sicherheit von Daten, sondern auch die Kontrolle über diese einen hohen Stellenwert einnimmt. Eine Zero Trust-Policy, deren Maßnahmen auf Datenebene ansetzen, ist daher bei der Nutzung von Cloud-Anwendungen langfristig der richtige Weg. Unternehmensdaten müssen sowohl während der Übertragung als auch in den Cloud-Speicherorten zuverlässig gesichert und verschlüsselt werden. Ergänzend dazu ist für ein möglichst hohes Sicherheitsniveau ein angemessenes Schlüsselmanagement ratsam. Alle Keys sollten unternehmensintern gehostet werden. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann diese außerdem on-Premises in einem Hardware-Sicherheitsmodul verwahren. Auf diese Weise erlangen Unternehmen nicht nur Kontrolle über ihre Daten zurück. Sie erfüllen auch die Sicherheitsvorgaben im Sinne der DSGVO: Werden verschlüsselte Daten entwendet, sind sie für Unbefugte wertlos. (Bitglass: ra)
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