Vier Strategien für die Cloud
Durch das Cloud Computing werden sämtliche Bereiche der IT umgestaltet: Infrastruktur, Prozesse, Serviceausrichtung, organisatorische Struktur und Unternehmenskultur
Bei der Erweiterung ihrer Cloud Computing-Implementierung werden IT-Verantwortliche wahrscheinlich feststellen, dass das Rechenzentrum auch weiterhin nicht einheitlich ist
Von Ismail Elmas, Area Director Germany bei BMC Software
(26.01.11) - Das Konzept des Cloud Computing weicht maßgeblich vom herkömmlichen Modell der IT-Servicebereitstellung ab. Services sind dabei nicht mehr an bestimmte Hardware-Silos gebunden. Stattdessen sind virtualisierte Ressourcen wie Server, Netzwerkgeräte und Speicher von der Hardware unabhängig. Diese bewegen sich frei innerhalb der Infrastruktur und stellen Services unabhängig von Zeit und Ort bereit.
Viele IT-Abteilungen verfolgten bislang hauptsächlich drei Ziele:
>> hohe Flexibilität in Bezug auf die Geschäftsanforderungen
>> gesenkte Kosten für die Servicebereitstellung und
>> minimale Risiken.
Durch Cloud Computing ändert sich nichts an diesen Zielen. Es trägt vielmehr dazu bei, sie schneller zu erreichen. Im Übrigen haben sich die Technologien, auf denen das Cloud Computing basiert - Virtualisierung, Automatisierung und Benutzerportale – bereits über viele Jahre bewährt und werden in Rechenzentren genutzt. Bei einem Wechsel zum Cloud Computing werden diese Technologien auf neue und innovative Weise kombiniert, so dass ihr Potenzial vollständig ausgeschöpft werden kann. Dennoch wirkt sich das Cloud Computing erheblich auf eine IT-Abteilung aus. Für einen erfolgreichen Wechsel zum Cloud Computing ist die Umgestaltungen von Infrastruktur, Servicestruktur, Prozessen und Unternehmenskultur notwendig – mit beträchtlichen Konsequenzen für das Service
Management in der Cloud.
1. Umgestaltung der Infrastruktur
Die vielleicht umfassendste Neugestaltung in diesem Prozess betrifft die IT-Infrastruktur. Herkömmliche Architekturen sind fragmentiert, wobei Anwendungs-Stacks und Daten auf verschiedene Hardware-Silos verteilt werden. Cloud Computing-Architekturen sind homogen und fließend.
Die Anwendungs-Stacks und Daten in der Cloud nutzen die Hardware gemeinsam. Sie bewegen sich frei innerhalb der Cloud und stellen dort Services bereit, wo und wann sie gebraucht werden. Wie aber wechselt man von einer starren zu einer beweglichen Umgebung?
Ein Schritt-für-Schritt-Ansatz ermöglicht es, Cloud Computing zu implementieren und dennoch Betriebsunterbrechungen und Risiken zu vermeiden. Wie bei allen neuen Technologien empfiehlt sich auch hier, mit der Implementierung zunächst in einer Testumgebung zu beginnen. Dadurch erhalten Mitarbeiter ausreichend Zeit, sich mit der Funktionsweise einer Cloud vertraut zu machen, ohne dabei in geschäftsentscheidende Systeme im Rechenzentrum einzugreifen.
Einige Unternehmen tasten sich durch die Schaffung einer Entwicklungsumgebung an das Cloud Computing-Konzept heran, in der ihre Mitarbeiter alle Funktionen der Cloud ausprobieren können. In anderen Unternehmen wird ein Self Service-Portal mit automatisierter Bereitstellung angeboten, das den Zugriff auf die klassischen virtualisierten Umgebungen ermöglicht. Beide Ansätze schaffen die notwendigen Voraussetzungen, um zunächst Erfahrungen mit dem neuen Modell zu sammeln und schließlich den Umfang der Cloud auch auf Produktionssysteme auszudehnen.
Bei der Erweiterung ihrer Cloud Computing-Implementierung werden IT-Verantwortliche wahrscheinlich feststellen, dass das Rechenzentrum auch weiterhin nicht einheitlich ist. Da sich nicht alle Services für das Cloud Computing-Modell eignen, wird die IT-Abteilung neben den Cloud Computing-Umgebungen nach wie vor auch die traditionelle Umgebungen verwalten. Wichtig ist auch, dass alle Optionen offen gehalten werden. Verwaltungstools sollten heterogene Plattformen und unterschiedlichste Virtualisierungstechnologien wie VMware, HyperV oder die zahlreichen Varianten von Xen unterstützen.
Viele Unternehmen setzen das Cloud Computing so um, dass sie ihre internen (privaten) Cloud-Services mit Angeboten von öffentlichen Cloud-Anbietern erweitern. Dieser Hybridansatz hat ebenfalls Konsequenzen für das Service Management, da öffentliche Cloud-Services ebenso sicher wie private Cloud-Services zu verwalten sein müssen. Nur so können Unternehmen die notwendige Performance, Sicherheit und Compliance erzielen. Daher ist es wichtig, einen öffentlichen Cloud-Anbieter auszuwählen, der entsprechende Service Management-Funktionen auf die eigene Organisation erweitern kann.
2. Umgestaltung der Prozesse und Organisation
Über die Jahre haben zahlreiche IT-Abteilungen Best-Practice-Prozesse in den verschiedenen IT-Bereichen entwickelt und verfeinert, z. B. auf Basis der IT Infrastructure Library (ITIL). Incident und Problem Management, Change und Configuration Management, Zugriffskontrolle und Compliance sind nur einige Beispiele. Best Practices haben sich in IT-Abteilungen als äußerst gewinnbringend erwiesen und für höhere Flexibilität, optimierte Kosteneffizienz und verbesserte Risikovermeidung
gesorgt. Es ist nicht notwendig, diese Prozesse im Hinblick auf das Cloud Computing nun vollständig zu verwerfen und noch einmal ganz von vorne anzufangen. Ganz im Gegenteil gibt es vielmehr zahlreiche Möglichkeiten, diese Prozesse auch innerhalb der Cloud zu verwenden. Durch Automatisierung ist es zudem möglich, viele der Prozesse zu optimieren und ihre Benutzung so zu fördern.
Dennoch müssen Prozesse für Cloud Computing möglicherweise angepasst werden. Zu den Prozessen im Bereich Change Management gehören beispielsweise Genehmigungen von Change-Anforderungen durch die entsprechenden Verantwortlichen. In vielen Organisationen ist es noch üblich, den Genehmigungsteil des Prozesses manuell abzuwickeln. Das führt bei vielen Anfragen zu Engpässen. Die angeforderten Services werden nicht rechtzeitig bereitgestellt.
Wenn Anwender ihren Change-Prozess so ändern, dass für bestimmte Changes, z. B. die automatische Bereitstellung von Server-Standardkonfigurationen, Vorabgenehmigungen ausgestellt werden, können Verzögerungen bei der Reaktion auf umfangreiche Benutzeranforderungen vermieden werden. In Bezug auf das Service Management profitieren viele IT-Abteilungen von den technologischen Neuerungen zur Vereinfachung der Prozessverwaltung in einer Cloud. Weiterentwicklungen im Bereich Configuration Management unterstützen beispielsweise die schnelllebige Cloud-Umgebung, in der eine große Menge an Ressourcen automatisch und schnell bereitgestellt, eingesetzt und deaktiviert wird.
Durch ausgereifte Change Management-Funktionen werden Changes streng überwacht und verfolgt, ohne dass dabei die schnelle Änderung behindert wird. Neue Lösungen für die Koordination der Automatisierung unterstützen die größere Komplexität und die Dynamik der Cloud-Umgebung. Die enge Integration über die verschiedenen Service Management-Lösungen hinweg sorgt u. a. dafür, dass die Bereitstellung bei entsprechender Überwachung und Verfolgung geschieht, um Servicequalität und Compliance aufrecht zu erhalten. Für einen service-orientierten Ansatz ist eine IT-Organisation erforderlich, die über mehr Möglichkeiten für das Management und die Unterstützung der Cloud- Umgebung verfügt.
Im Rahmen der Umgestaltung entstehen möglicherweise neue Rollen. Beispielweise könnten IT-Verantwortliche einzelne Teams, die sich um die verschiedenen Technologiebereiche wie Server, Anwendungen, Netzwerke und Speicher kümmern mit Teams wie Serviceverwaltung oder IT-Produktmanagement ersetzen, die von einer Serviceperspektive aus in allen Technologiebereichen tätig sind.
3. Umgestaltung der Servicestruktur
ITIL Best Practices unterstützen Organisationen auf ihrem Weg hin zu einer Serviceausrichtung. Cloud Computing kann dabei als zusätzliche Stütze dienen, da Mitarbeiter auf Geschäftsseite die Möglichkeit erhalten, selbst Services anzufordern. Dieser "Self Service" steigert die Flexibilität bei der Erfüllung der Geschäftsanforderungen. Darüber hinaus werden die Kosten der Servicebereitstellung gesenkt.
Damit der Self Service jedoch funktioniert, müssen Ressourcen so zur Verfügung gestellt werden, dass sie für die Benutzer verständlich sind. Mitarbeiter auf Geschäftsseite interessieren sich nicht für die Komponenten der IT-Infrastruktur, die für die Bereitstellung der gewünschten Services notwendig sind. Sie möchten Services unter für sie nachvollziehbaren Bedingungen anfordern können und erwarten, dass diese Services zeitnah verfügbar sind. Sie kümmern sich beispielsweise nicht darum, wie viele CPUs und wie viel Speicher für das Hosting einer Online-Einkaufswagenanwendung erforderlich sind. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, benötigen Unternehmen eine Reihe von Standardangeboten, die in für Nicht-IT-User verständlichen Begriffen verfasst sind. Durch Standardisierung ist es für Benutzer einfacher, Services anzufordern. Des Weiteren sorgt sie für eine Vereinfachung des Managements und unterstützt die Reduzierung der IT-Kosten.
Business Service Management (BSM) kann IT-Abteilungen bei ihrem Wechsel zu einer mehr service-orientierten Systemverwaltung behilflich sein. Bei BSM handelt es sich um einen umfassenden Ansatz und eine vereinheitlichte Plattform für IT. Mit diesem Ansatz kann die IT die Infrastruktur aus Serviceperspektive verwalten, indem Services den Komponenten der zu Grunde liegenden IT-Architektur zugewiesen werden, welche die Services unterstützt. Demzufolge kann die IT das Servicemanagement auf Basis des Geschäfts ausführen, wodurch die Effizienz deutlich gesteigert wird. Mit Hilfe von BSM-Lösungen können Sie Ihre Aufgaben in der Cloud-Umgebung effektiver erledigen.
Durch automatisierte Serviceanforderungen ist es für "Business User” beispielsweise einfacher, die von ihnen benötigten Services und Service Level aus einem Katalog auszuwählen. Durch Management-Komponenten für Identifizierung und Zugriff wird sichergestellt, dass Benutzer nur diejenigen Services nutzen können, zu denen sie auch berechtigt sind, wobei die Zugriffsebenen von den Benutzerrollen innerhalb der Organisation gesteuert werden.
4. Umgestaltung der Unternehmenskultur
In der Vergangenheit konnten einige IT-Abteilungen durch organisatorische oder budgetäre Beschränkungen die verschiedenen Geschäftsanforderungen nur langsam erfüllen. Cloud Computing stellt im Gegensatz dazu große Flexibilität bereit. Die IT reagiert innerhalb von Minuten auf Serviceanforderungen. Dies sorgt für einen erheblichen Wandel in der Unternehmenskultur, und zwar nicht nur innerhalb der IT, sondern auch innerhalb der Geschäftsbereiche. Durch die direkte, von der Cloud ermöglichte Reaktion auf Serviceanforderungen können die User weitaus flexibler auf Änderungen in der Geschäftsumgebung reagieren. Durch diese Flexibilität wird der Boden für zahlreiche neue Geschäftsmöglichkeiten bereitet.
Durch das Cloud Computing sind ferner umfassendere Einblicke in die Kostenstrukturen möglich. Die IT kann die Kosten eines Service im Servicekatalog veröffentlichen, so dass Geschäftsbenutzer ihre IT-Anforderungen vorab genauestens kalkulieren können. Darüber hinaus unterstützt das Cloud Computing die differenzierte Nutzungsmessung, so dass die IT ein zuverlässiges und transparentes Preismodell für die Abrechnung der von "Business Usern” verwendeten Ressourcen erarbeiten kann. In diesem Modell können die verschiedensten Bereiche abgedeckt werden, von der physischen Ressourcennutzung, über Softwarekosten bis hin zu Erhöhungen für nicht erfüllte Service Level und Nutzungsmustern bei Basis- und Spitzenzeiten.
Die IT muss die treibende Kraft hinter diesem Wandel in der Unternehmenskultur sein. Besonders wichtig ist es, dass die Botschaft des Cloud-Konzepts effektiv an die Nicht-IT-Anwender übermittelt wird. Natürlich müssen Sie auch entsprechende Ergebnisse liefern und den Anwendern die Möglichkeit bereitstellen, Services unkompliziert anzufordern. Des Weiteren ist es erforderlich, Anforderungen umgehend nachzukommen und die Erwartungen der Benutzer bezüglich der Servicequalität zu erfüllen.
Wie alles zusammenkommt
Durch das Cloud Computing werden sämtliche Bereiche der IT umgestaltet: Infrastruktur, Prozesse, Serviceausrichtung, organisatorische Struktur und Unternehmenskultur. Trotz dieses umfangreichen Wandels in der IT ist die Implementierung ein kontinuierlicher Prozess. Der Schritt hin zur Cloud bedeutet nicht, dass Unternehmen alles über Bord werfen müssen, was sie in ihrer bisherigen Umgebung aufgebaut haben. Die Ziele bleiben dieselben: Flexibilität, Kostenwirksamkeit und Risikomanagement.
Das Cloud Computing unterstützt bei der Erreichung dieser Ziele. Möglicherweise verwenden Unternehmen bereits viele der relevanten Technologien: Virtualisierung, Automatisierung und Benutzerportale. Diese Technologien liefern die Basis für den nächsten Schritt in Richtung Cloud Computing. BSM-Lösungen können bei der gewinnbringenden Verwaltung von Services in der Cloud unterstützen, so dass Unternehmen die Verbindungen zwischen IT- und Geschäftsseite enger knüpfen können und so zur Sicherstellung des kontinuierlichen Erfolgs beitragen.
(BMC Software: ra)
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