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SAP und Enterprise SOA: Wo bist du?


SAP spricht heute nur noch von SOA: Bohrt man tiefer, findet man Enterprise Services und noch tiefer findet man Broschüren aus dem Jahr 2006, die die "Enterprise service-oriented Architecture" erklären
Im Bereich IT- und SOA-Governance haben die Unternehmen noch reichlich Nachholbedarf

Dr. Cristian Wieland:
Dr. Cristian Wieland: Enterprise SOA: SAPs Anteil wird in Zukunft geringer ausfallen, wie ein Blick auf die aktuellen Internetseiten der SAP zeigt, Bild: Raad Research

Von Dr. Cristian Wieland, Senior Analyst bei Raad Research (*)

(23.07.09) - Viel ist in den letzten Jahren über Service orientierte Architekturen geschrieben worden. Allein bei einer Google-Suchanfrage werden mehr als 40 Millionen Suchergebnisse zum Stichwort "SOA" geliefert. Vor etwa vier Jahren trat SAP das erste Mal am Markt mit ihrer Version der Serviceorientierung auf: eSOA oder Enterprise SOA - Mehrere Namenstransformationen sind seitdem einhergegangen. Hierbei sollte es sich nicht um eine x-beliebige SOA handeln, sondern eine höherwertige SOA mit Geschäftslogik wurde präsentiert - man kann sich an dieser Stelle natürlich fragen, was die anderen Anbieter im Bereich SOA mit ihren Produkten eigentlich machen.

Für SAP, die im Vergleich zu IBM, BEA oder der Software AG ein Neuling im Bereich Middleware war, war dies allerdings ein guter Schachzug. Sie hielt sich dadurch aus Technikdiskussionen bzgl. Middleware in den IT-Abteilungen heraus und platzierte das Thema gleich dort, wo es nach Meinung vieler Experten zu einem guten Teil auch hingehört: im Business. Der vermeintliche Abgesang auf traditionelle IT-Leiter begann und neue Berufsbilder wie der CPIO (Chief Process and Innovation Officer) entstanden.

Hierdurch grenzte sich SAP stark vom Wettbewerb ab und erschuf sich so einen eigenen Markt. Auch wenn technisch längst nicht alles ausgereift war, was SAP an Produkten und Konzepten im ersten Schritt anbot, hatte sie doch einen großen Teil der Aufmerksamkeit für sich. Insgesamt mehr als eine Million Einträge liefert Google aktuell zum Begriff "Enterprise SOA".

Im letzten Jahr sind hierzu fast 100.000 Seiten dazugekommen und im letzten Monat allein über 20.000. SAPs Anteil hieran wird in Zukunft allerdings geringer ausfallen, wie ein Blick auf die aktuellen Internetseiten der SAP zeigt. Man muss schon etwas suchen, bevor man den Begriff "Enterprise SOA" findet. Ohne dass es angekündigt wurde, ist die Kommunikation geändert worden.

SAP spricht heute auf den ersten Metern "nur noch" von SOA. Bohrt man tiefer, findet man Enterprise Services und noch tiefer findet man Broschüren aus dem Jahr 2006, die die "Enterprise service-oriented Architecture" erklären. Ist dies der Abgesang auf Enterprise SOA? Gerade wurde noch spekuliert, ob SAP Business ByDesign evtl. nie die Marktreife erreichen wird und dann hat es klammheimlich Enterprise SOA erwischt? Vielleicht hat SAP erkannt, dass ein Sonderweg - so er technologisch überhaupt einer ist - zwar Aufmerksamkeit beschert, aber die Kunden eventuell mehr verwirrt als begeistert.

Regelmäßige Umfragen von RAAD innerhalb der SAP-Bestandskundschaft zeigen zumindest, dass die SOA-Adoption der SAP-Klientel, gemessen am Einsatz des Enterprise Service Bus XI/PI und der Business Prozess Plattform des "SAP NetWeavers", nur langsam voranschreitet. Auch bei den SAP-Kunden muss man Enterprise SOA suchen. Eine Umfrage von RAAD Ende 2008 bei mehr als 2.500 IT-Leitern von SAP-Kunden in Deutschland ergab, dass 14 Prozent der Unternehmen aktiv die "SAP NetWeaver"-Komponente "XI/PI" einsetzen und damit überhaupt technologisch und von der Mitarbeiterkompetenz her den Weg in Richtung SOA im Sinne der SAP gehen (Unternehmen, die bspw. Software von SAP-Partnern über den SAP NetWeaver anbinden lassen, fallen nicht unter diese Definition).

Zwei Prozent der Kunden gaben an, die Business Process Plattform zu nutzen, welche die Grundlage für Enterprise SOA ist. Beide Anteile blieben innerhalb der letzten beiden halbjährlich durchgeführten Befragungen in Deutschland annähernd konstant. SAP hatte sich wahrscheinlich eine konsequentere Umsetzung bei ihren Kunden versprochen, zumal durch Einführung von SOA IT-Kosten reduziert werden sollen, was den Nerv eines jeden IT-Managers treffen müsste. Der Weg dorthin ist jedoch lang, wie zahlreiche Studien und Erfahrungsberichte zeigen.

Außerdem stand für viele Unternehmen in den letzten zwei Jahren vor allem die Migration auf SAP ERP 6.0-Technologie im Vordergrund und weniger die Adoption eines neuen IT-Paradigmas. Ein großer Teil der SAP-Anwender sitzt heute auch noch auf produktiven R/3-Systemen, für die die Umsetzung einer SOA mit dem SAP NetWeaver als zentraler Komponente noch in weiter Ferne liegt. Zwar sind viele Unternehmen jetzt auf dem Weg, eine SOA technologisch umzusetzen zu können. Häufig mangelt es in Unternehmen aber nicht nur an der vorhandenen Technologie, sondern auch an den organisatorischen Voraussetzungen - Stichwort IT-Business-Alignment.

So ergab eine RAAD-Umfrage in Zusammenarbeit mit dem itSMF zum Thema IT-Service-Management im Jahr 2008, dass etwa 30 Prozent der Unternehmen im gehobenen Mittelstand und aufwärts noch kein definiertes IT-Service-Management einsetzen. In weniger als 10 Prozent der befragten Unternehmen wurden sowohl operativ als auch strategisch Methoden des IT-Service-Managements eingesetzt, damit IT-Organisationen Geschäftsprozesse bestmöglich unterstützen können. Im Bereich IT- und SOA-Governance haben die Unternehmen noch reichlich Nachholbedarf. (Raad Research: ra)

Autoreninfo

(*) Dr. Cristian Wieland ist Senior-Analyst bei der RAAD Research GmbH und verantwortet dort den gesamten Bereich der Marktanalyse und Studienerstellung. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der Beobachtung der relevanten Marktentwicklungen. Seine Erfahrung als Berater für strategische, taktische und operative Fragen gründet sich auf hunderte von Einzelprojekten mit Soft- und Hardwareherstellern, sowie IT-Dienstleistern jeder Größe.

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