Schock über die Cloud-Rechnung?
Mit FinOps und Technology Business Management klare Sicht auf Cloud-Kosten gewinnen
FinOps – das Steuerungsmodell für die Public Cloud – kann helfen, Grauzonen der Cloud-Kosten zu beseitigen, indem die finanzielle Verantwortung in den Händen aller beteiligten Teams und Abteilungen liegt
Von Alexander Becker, Chief Operating Officer bei Serviceware SE
Die Relevanz von Cloud Computing-Technologie hat im vergangenen Jahrzehnt rasant zugenommen und damit auch die Anzahl an Geschäftsprozessen und Services, die Unternehmen in die Cloud auslagern. Viele Unternehmen verfolgen dabei einen "Cloud first"-Ansatz als zentralen Bestandteil ihrer digitalen Transformationsbemühungen. Die Migration in die Public Cloud war dabei laut Gartner nicht nur durch das Versprechen größerer Kosteneinsparungen motiviert. Gerade die Möglichkeit, schnell nach oben oder unten zu skalieren, macht die Cloud attraktiv, da sie Innovation und Wachstum in unsicheren Zeiten unterstützt.
Nach einer Cloudmigration stellen jedoch viele Unternehmen fest, dass ihre Kosten, statt wie erhofft zu sinken, plötzlich wieder ansteigen. In vielen Fällen übersteigen sie die erwarteten Budgets der IT-Abteilungen bei weitem und lassen Unternehmen, wie es VMware treffend auf den Punkt brachte, im "Schock über ihre Cloud-Rechnung" zurück. Erhoffte Skaleneffekte treten nicht ein und mit den Preiserhöhungen bei AWS, Google und Azure kann die Cloud plötzlich preislich nicht mehr mit On-Premises-Lösungen konkurrieren.
Unternehmen überdenken ihre Cloud-Strategie
Vor dem Hintergrund der steigenden Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit ist es daher nachvollziehbar, dass Unternehmen ihre Cloud-Investitionen auf den Prüfstand stellen und sogar die Entscheidung treffen, ihre Cloud-Migrationen rückgängig zu machen.
Ist das Zeitalter der Cloud-First-Strategie also zu Ende? Steht eine groß angelegte On-Premise Rückführung bevor? In jedem Fall beginnen Unternehmen heute zu hinterfragen, ob und wie viele Firmendaten und -prozesse überhaupt in die Cloud verlagert werden sollten. Organisationen, die anfangs überstürzt migriert haben, prüfen nun zumindest ein hybrides Modell aus Public Cloud, Private Cloud und On-Premise.
Rightsizing als Mittel gegen ineffiziente Cloud-Kosten
Es gilt, genauestens zu überprüfen, bei welchen Daten und Prozessen die Cloud Sinn macht – oder eben nicht. Denn in den meisten Fällen ist nicht eine übermäßige Inanspruchnahme der Ressourcen der Grund für die explodierenden Kosten, sondern vielmehr eine fehlende Überwachung und Verwaltung der Cloud-Ausgaben.
Studien deuten darauf hin, dass etwa ein Drittel der Kosten, die sich durch die Cloud ergeben, eigentlich eingespart werden könnten, wenn denn das Nutzungsverhalten analysiert und verwaltet werden würde. Gerade die komplexe und fragmentierte Implementierung von Cloud-Technologien über unterschiedliche Geschäftszweige hinweg sowie die oft gepriesene Möglichkeit, Leistungsbausteine schnell hinzu zu buchen, birgt die Gefahr, die Übersicht über genutzte Cloud-Ressourcen zu verlieren. Dieses Missmanagement kostet Unternehmen jedes Jahr Millionen von Euro und stellt natürlich die angepriesenen finanziellen Vorteile und damit den anfänglich versprochenen Wert von Cloud-Lösungen in Frage.
Der Bedarf an mehr Kostentransparenz und -optimierung steht angesichts der Prognosen von Gartner, dass bis 2025 mehr als die Hälfte der IT-Ausgaben in der Cloud getätigt werden, außer Frage. Vielmehr müssen sich Unternehmen jetzt der Aufgabe stellen, ihre Cloud-Kosten in den Griff zu bekommen, um zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Technologieinvestitionen in Unternehmensmehrwert übersetzen
Das Vorhaben Cloud-Ausgaben zu reduzieren, bedeutet nicht zwangsläufig weniger Cloud-Technologie zu nutzen. Es geht vielmehr darum, die Cloud so einzusetzen, dass sie den eigenen Bedürfnissen und Anforderungen entgegenkommt. Weiterhin kann die Etablierung eines Center of Excellence (CoE) sinnvoll sein, welches alle Teams und Fachbereiche, die Cloud-Dienste nutzen und beziehen, beim Management dieser unterstützt.
FinOps – das Steuerungsmodell für die Public Cloud – kann helfen, Grauzonen der Cloud-Kosten zu beseitigen, indem die finanzielle Verantwortung in den Händen aller beteiligten Teams und Abteilungen liegt. Das Konzept zielt darauf ab, das Bewusstsein für die wirkliche Nutzung und Ausgaben von Cloud-Ressourcen zu schärfen und so verantwortungsbewusste Cloud-Nutzer zu schaffen, die effektiver und gewinnorientierter mit den Cloud-Technologien arbeiten. Jedoch können diese Richtlinien und Prozesse nur bis zu einem gewissen Grad dazu beitragen, Technologieinvestitionen in einen Mehrwert für das Unternehmen zu übersetzen.
Um den technologischen Fußabdruck von Unternehmen zu verstehen, wird eine zentrale Datenquelle – eine ‚single data source of truth‘ – benötigt. Diese versetzt CIOs und CFOs nicht nur in die Lage, die anfallenden IT-Kosten zu erfassen, analysieren, kontrollieren und optimieren, sondern auch deren Wert intern zu kommunizieren. Hier setzt Technology Business Management (TBM) an. TBM, eine Weiterentwicklung des IT-Finanzmanagement (ITFM), ist eine komplementäre Disziplin zu FinOps, die insbesondere in Unternehmen mit umfangreichen und komplexen IT-Ausgaben dazu beiträgt, Prozesse zu optimieren. Dabei werden die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der Technologie-Assets und -Ressourcen transparent und ihrer Wertschöpfung nach zugeordnet. Dies ermöglicht es Unternehmen, datengestützte Entscheidungen zur Optimierung und Steuerung ihrer Cloud- beziehungsweise aller Technologieinvestitionen zu treffen.
Die Verbindung von FinOps und TBM nutzen
Laut einer aktuellen IDC-Studie ist bei den Ausgaben für die Public Cloud in Europa bis 2023 mit einem Anstieg von bis zu 148 Milliarden US-Dollar zu rechnen. Bis zum Jahr 2026 wird sogar ein Anstieg auf bis zu 258 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Interessant wird sein, wie sich die Beziehung zwischen FinOps und ITFM/TBM weiterentwickeln wird, um Cloud-Planung und -Prognose, Total Cost of Ownership (TCO) und Kostenverrechnung zu erleichtern.
Wenn die Kosten in beiden Disziplinen konsistent sind, kann das ITFM/TBM-Team Ausgaben für die Public Cloud mithilfe von FinOps den wichtigsten Geschäftszielen zuordnen, um eine umfassende, genaue Kostenverrechnung zu erstellen. Umgekehrt kann FinOps Daten aus dem ITFM/TBM abrufen, um eine vollständige wirtschaftliche Kostenrechnung zu erstellen. Dies ermöglicht neben dem Top-Down-Vergleich der Kosten für Rechenleistung, Infrastruktur und Speicherplatz von Public Cloud, Private Cloud oder On-Premises-Lösungen, eine Rückverrechnung daraus resultierender, geschäftskritischer Ausgaben wie Arbeits-, Energie-, Hardware- und Standortkosten. Durch die Integration dieser Prozesse sind Führungskräfte in der Lage, fundierte Vergleiche zu ziehen, da die Total Cost of Ownership (TCO) in der Public Cloud auf dieselbe Weise wie bei On-Premise-Diensten dargestellt werden kann.
Ein umfassender Überblick ist für die Cloudkostenkontrolle heute nötiger als je zuvor, um stichhaltige Entscheidungen für oder gegen Cloudinvestitionen zu treffen. FinOps in Verbindung mit TBM-Modellen ist dabei eine der vielversprechendsten Möglichkeiten, um die Agilität der Cloud mit den Anforderungen nach Vergleichbarkeit in Einklang zu bringen und eine klare Sicht auf die anfallenden Cloud Kosten zu bekommen. (Serviceware: ra)
eingetragen: 16.08.23
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