Sie sind hier: Startseite » Markt » Hintergrund

Corona katapultiert uns ins Jahr 2030


Die zwölf IT-Trends des Jahres 2021:
Technologische Entwicklung nimmt 2021 weiter Fahrt auf
Cloud-Anbieter leben vom Vertrauen ihrer Nutzer - Wenn sie das missbrauchen, scheitert ihr Geschäftsmodell


Stefan Ried, Principal Analyst bei Cloudflight

Selten in unserer Geschichte gab es ein Jahr, in dem sich die äußeren Umstände so radikal verändert haben wie im vergangenen Jahr. Corona hat der Digitalisierung einen Schub verpasst, der sich auch 2021 fortsetzen wird. Parallel dazu werden sich auch Akzeptanz oder Ablehnung bestimmter Technologien so rasant verändern, wie wir es sonst binnen eines Jahrzehnts erleben. In diesem Sinne – willkommen im Jahr 2030!

Technologieakzeptanz polarisiert weiter
Die Akzeptanz digitaler Innovationen wird die Gemüter weiter spalten. Der technikaffine Teil der Gesellschaft wird Risiken abwägen und eingehen, während der andere Teil viele dieser Technologien kategorisch ablehnen wird. Es entwickeln sich zunehmend extreme Weltanschauungen, die sich mit Verschwörungstheorien vermischen. Die Recherche von Akzeptanzkriterien wird bei der Softwareentwicklung zunehmend eine wichtige Rolle spielen, da Pilotversionen einer Software (MVPs) von vielen schon aus Prinzip nicht getestet werden.

Datenschutzbedenken bremsen die Digitalisierung
Auch wenn eine gesunde Skepsis gegenüber globalen Anbietern angebracht ist, ist nicht jeder amerikanische oder chinesische Cloud-Anbieter automatisch kriminell. Hier gilt es, Verträge, Sicherheitsmaßnahmen, Zertifizierungen und die Geschäftsmodelle der Anbieter zu prüfen. Viele Datenschützer bremsen die Digitalisierung dadurch, dass sie dies nicht tun und stattdessen globale Dienste verbieten. Letztlich leben Cloud-Anbieter jedoch vom Vertrauen ihrer Nutzer. Wenn sie das missbrauchen, scheitert ihr Geschäftsmodell.

Corona-Verlierer reagieren mit neuen Geschäftsmodellen
Da die Pandemie auch im Jahr 2021 noch allgegenwärtig sein wird, wird sich die Transformation und Erweiterung bestimmter Geschäftsfelder weiter fortsetzen. Restaurants werden zu Lieferdiensten mit Online-Bestellmöglichkeit, Veranstaltungsorganisatoren entwickeln sich in Richtung Streaming-Plattformen. Die As-a-Service Economy ersetzt frühere Investitionen, um das Risiko in der unsicheren Wirtschaftslage zu bewältigen. Es werden sich ein Rückgang von Unternehmens- oder regionalen Rechenzentren und ein überproportionales Wachstum bei Hyperscalern, also globalen Public-Cloud-Infrastrukturanbietern mit einem schnellen ROI, abzeichnen. Da diese Anbieter mittlerweile die EU-Anforderungen an Privatsphäre erfüllen, werden wir hier schon bald Veränderungen sehen.

Corona-Gewinner investieren in technologischen Vorsprung
Wie in jeder Krise gibt es auch in diesem Fall Profiteure. Dazu gehören Online-Händler, Logistiker, Lieferdienste und Hersteller von Schutzkleidung und Hygieneartikeln. In der IT-Branche boomen vor allem Videodienste, Netzwerkkomponenten-Anbieter und Telekommunikations-Unternehmen. Diese investieren ihre Gewinne im Jahr 2021 massiv in nachhaltige und disruptive Technologien sowie in Business-Modell- und Technologieentwicklung, um sich für die neue Wettbewerbslage nach Corona vorzubereiten. Die so genannte Circular Economy arbeitet an Upcycling-Lösungen für Rohstoffe, neue Pfandsysteme oder Lieferdrohnen.

Konsolidierte Marktführer schreiben ihre eigene Unternehmenssoftware
Getrieben von den Corona-Profiteuren wird sich der Trend hin zu alternativen Business-Software-Lösungen, den Branchenführer wie Otto oder Lidl bereits in den letzten Jahren eingeleitet haben, im kommenden Jahr fortsetzen. Weitere Unternehmen werden die Kosten für Implementierung und Wartung von ERP-Softwarepaketen in Frage stellen und sich alternative Unternehmenssoftware auf der Basis von Open-Source-Plattformen oder Platform-as-a-Service-Diensten, entwerfen lassen.

Hard- und Software – Appliances werden wieder getrennt
In vielen Fällen ist die Software traditionell vom Hersteller in die Hardware "embedded". Während sich Hardware kontinuierlich und langsamer entwickelt, wird sich die zugehörige Software künftig wesentlich schneller entwickeln. Viele OEMs versuchen daher, Software selbst zu entwickeln oder sie von Software-Partnern zu beziehen, wie Volkswagen mit seinem CarOS oder Daimler über seine Partnerschaft mit Google/Waymo. Zulieferer wie Bosch oder Continental haben ein schwieriges Jahrzehnt vor sich, in dem sie sich mit eigenen Software-Innovationen in einem neuen Ökosystem bewähren müssen.

Software Stack Eruption - Daten sind die neue Software
Die Rolle der Software in Bezug auf Qualität und Funktionalität wird 2021 zunehmend von Daten abgelöst werden. Es entwickelt sich eine ganze Klasse von Datenprodukten, die über Plattformen verfügbar sein werden. Bloßes Sammeln von Daten führt nicht zum Durchbruch, Algorithmen müssen anhand dieser weiterentwickelt werden. Zugleich stößt die Programmierung ohne reale Daten nur mit Simulationen im kommenden Jahrzehnt an ihre Grenzen. Entscheidend ist deshalb rasches Sammeln qualitativ guter Lerndaten in ausreichender Menge. Traditionelle Software ohne Machine-Learning-Algorithmen und künstliche Intelligenz wird zunehmend zur Commodity und durch eine Orchestrierung von Platform-as-a-Service (PaaS)-Diensten abgelöst.

Hybrid-Cloud und Multi-Cloud – Fast Forward in Richtung PaaS
Im Jahr 2021 wird die gleichzeitige Nutzung von Private und Public Clouds sowie Multi-Clouds in einer Applikationslandschaft zur Norm werden. Die Abstraktion verschiedener Cloud-Infrastrukturen mit einem auf Kubernetes basierenden Containermanagement sowie spezielle Software-Frameworks wie Googles Anthos oder Microsofts Azure Arc, werden diese Entwicklung unterstützen. Außerdem werden Nutzer 2021 auch hybride PaaS-Dienste nutzen. Dies sind Softwaredienste, die eine integrierte Managementumgebung über mehrere Hyperscalerer hinweg bieten, beispielsweise die kürzlich angekündigte Version des Datenbankdienstes Atlas von MongoDB. Private Clouds werden sich zudem wie ein zusätzlicher Public-Cloud-Anbieter nahtlos in PaaS-Verwaltungs-Tools integrieren.

IoT wird Oberfläche von "Anywhere Computing"
IoT wird 2021 nicht nur eine Mainstream-Technologie, sondern sich als äußerer Rand des Edge-Computing etabliert haben. Auch wenn noch viel Zeit vergehen wird, bis sämtliche Industrieanlagen online sind, wird ab 2021 praktisch keine neue Maschine mehr gebaut, die bei der Bestellung keine Online-Option enthält. Damit ist der Sonderstatus von IoT Devices Geschichte. Da alle Hyperscaler sämtliche Private-Cloud-Dienste anbieten werden, wird auch Edge-Computing keine Insel, sondern ein integrierter Teil einer größeren Topologie, sein. Diese Entwicklung vereinfacht die Kombination autonomer Fähigkeiten "am Edge" mit großen Datenmengen und KI-Prozessen in der Public Cloud. Damit ist der Weg für Entwicklungen wie beispielsweise autonome Robotik in großem Stil geebnet.

5G-Mobilkommunikation hat in Deutschland weiter zu kämpfen
Wenngleich deutsche Telekommunikationsunternehmen äußerst profitabel sind, wird aufgrund falscher Regulierungen sowie politischem Lobbyismus auch 2021 keine flächendeckende 5G-Versorgung erreicht. Größere Unternehmen investieren stattdessen als Alternative oder Ergänzung zu WIFI-Strukturen in Campus-Netzwerke.

Im Jahr 2021 erreichen 30 Prozent der AI/ML-Projekte in DACH produktiven Betrieb
2021 gehören Piloten und MVPs der Vergangenheit an, sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich. Im Consumer-Bereich legen Realtime-Übersetzungs-Apps deutlich zu, sobald wieder mehr gereist wird. Autonomes Fahren erreicht in Europa 2021 noch nicht das Niveau, das es in den USA und China hält. Hierzulande sind rechtliche Bedenken nach wie vor nicht ausgeräumt und blockieren Innovationen auf öffentlichen Straßen. Klar definierte Zulassungsbestimmungen der EU sowie überprüfbare Tests für autonome Fahrzeuge sind längst überfällig.

Voice ist das neue Mobile
Es hat fast zehn Jahre gedauert, bis sich Smartphones und Tablets für die Nutzung von Content-Webseiten, E-Commerce bis hin zu ERP-Systemen durchgesetzt haben. Wesentlich schneller kommt nun "Voice-as-UI" als neues Tool voran. Auch wenn Voice-Interfaces zunächst nur begrenzt und überwiegend im Consumer-Bereich eingesetzt werden, sind bestimmte Nutzerinteraktionen im professionellen Bereich auch bereits jetzt denkbar.

Künstliche Intelligenz funktioniert mit Text und gesprochener Sprache, allerdings erfährt natürliche Sprache eine höhere Nutzerakzeptanz. Corona trägt aufgrund des nun erhöhten Bedarfs an "Touchless UIs" weiter dazu bei. Textbasierte Chatbots bieten dieses Potenzial nicht.

Das sich dem Ende zuneigende Jahr 2020 war fest im Griff der Pandemie und wird daher zu einem schlechten Start ins nächste Jahrzehnt führen. Doch hierin liegt die Chance: CIOs und Software-Architekten gehen davon aus, dass die Krise eine Entwicklung angestoßen hat, die in diesem Maße sonst nicht möglich gewesen wäre. Auch wenn viele Unternehmen am Scheideweg ihrer Existenz stehen, wurde die Wirtschaft hierzulande von Covid-19 wachgerüttelt. Die technologische Rückständigkeit wurde aufgedeckt und die Risiken einer weiteren Verzögerung der Digitalisierung wurden deutlich. Um die Nachzüglerposition in Europa nicht weiter zu festigen, muss die Industrie der deutschsprachigen Länder ihren Innovationsgeist neu entdecken. Das wäre ein guter Vorsatz fürs Jahr 2021. (Cloudflight: ra)

eingetragen: 11.12.20
Newsletterlauf: 12.02.21

CloudFlight: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser PMK-Verlags-Newsletter
Ihr PMK-Verlags-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Hintergrund

  • Anwendungsfälle für KI

    Unternehmen erleben heute mit der Künstlichen Intelligenz (KI) einen Déjà-vu-Moment. Ähnlich wie bei früheren Technologiesprüngen - dem Aufkommen des PCs, des Internets oder der Cloud-Technologie - stehen sie an einem Wendepunkt, an dem die breite Einführung von KI die Unternehmenslandschaft transformiert.

  • Vom Kreditinstitut zur Technologie-Oase

    Wir schreiben das Jahr 2035: Sie wachen auf und überprüfen Ihre Finanzen über einen sprachaktivierten digitalen Assistenten, der als Hologramm von Elvis erscheint. Nach der Authentifizierung durch Stimm- und Fingerabdruck-Biometrie liefert Ihnen der verstorbene King of Rock'n'Roll einen Überblick über Ihre Ausgaben, Ersparnisse und Investitionen in einem personalisierten Dashboard, das alle Ihre Konten und Finanzdaten an einem Ort zusammenfasst.

  • Cloud-Drucklösungen spielen eine große Rolle

    Heutzutage lässt sich technischer Fortschritt kaum mehr mit dem bloßen Auge erkennen. Selten vergeht ein Tag ohne eine weitere Innovation, die für mehr Effizienz sorgt. Diese Entwicklung macht auch vor Druckern nicht Halt. Cloud-Lösungen ermöglichen zentrale Administration und Kosteneinsparungen bei lokalen Servern. Doch in diesem Zusammenhang geht die Tendenz eher in Richtung langsamer Wechsel in die Wolke. Warum ist das so? "In vielen Unternehmen - insbesondere aus Branchen, in denen sensible Daten auf der Tagesordnung stehen - herrschen Sicherheits- und Datenschutzbedenken.

  • Finanzbranche steht vor einem Wendepunkt

    Immer mehr traditionelle Banken erkennen endlich die Vorteile des Outsourcings, um ihren Weg zur Digitalisierung zu beschleunigen und so ihre Effizienz und Kundenzufriedenheit zu optimieren. In Deutschland bremsen jedoch regulatorische Anforderungen das Tempo der Transformation. Karl im Brahm, CEO von Objectway DACH, betont, dass Banken diese Hürden nur durch Kooperationen mit Fintechs überwinden können.

  • CPUs und DSAs für Cloud- und KI-Erfolg

    Die Chimäre ist in der griechischen Mythologie eine Kreuzung aus Löwe, Ziege und Schlange. Sie hat den Kopf des Löwen, den Körper der Ziege mit einem weiteren Ziegenkopf auf dem Rücken und den Schwanz der Schlange

  • Vertrauen gegenüber Generative AI schwindet

    Im letzten Jahr zeigten sich deutsche Unternehmen wenig beeindruckt von den Sicherheitsrisiken von ChatGPT und Co. Sie vertrauten den vielversprechenden Generative-AI-Anwendungen und ihren Vorteilen bedingungslos. Nun legen die Ergebnisse einer aktuellen Gigamon-Studie* jedoch nahe, dass die Skepsis gegenüber diesen Tools in den vergangenen zwölf Monaten zugenommen hat.

  • Bedeutung der Cyber-Sicherheit

    Wie in jedem Jahr, so hat auch in diesem die Firma IBM zusammen mit dem Ponemon Institute die Studie Cost of a Data Breach 2024 veröffentlicht. Die Ergebnisse sprechen Bände: Mit 4,88 Millionen US-Dollar (rund 4,50 Millionen Euro) je Sicherheitsverletzung im weltweiten Durchschnitt liegen diese Kosten 10 Prozent über dem Jahr 2023 mit 4,5 Millionen US-Dollar (rund 4,16 Millionen Euro) und erreichen ein Rekord-Hoch.

  • Sicherheit in der Cloud

    Der Cloud Computing-Markt wächst beständig weiter und ein Ende dieses Aufwärtstrends scheint nicht in Sicht zu sein. Laut Prognosen könnte er bis 2032 die Marke von gut 2,29 Milliarden US-Dollar knacken. Das würde einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 16,5 Prozent entsprechen.

  • Demokratisierung der Künstlichen Intelligenz

    Open Source basiert auf Zusammenarbeit und Transparenz. Dank dieser beiden unbestreitbaren Vorteile haben Open-Source-Lösungen das Potenzial, die Art und Weise zu revolutionieren, wie KI-Systeme entwickelt und eingesetzt werden. Ein offener Ansatz für Künstliche Intelligenz ist unerlässlich.

  • Wie KI den Customer Service revolutioniert

    Die IT-Branche ist ein Umfeld des ständigen Wettbewerbs. CIOs treiben heute die digitale Transformation voran und investieren in digitale Technologien, um die Effizienz und Rendite ihres Unternehmens zu maximieren. Da sie dafür nur wenig Zeit und Ressourcen für IT-Services aufwenden möchten, wenden sie sich immer mehr der generativen KI zu.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen