Herausforderungen 2023 für IT-Dienstleister
Nachfrage nach IT-Dienstleistungen: Verdrängungsmarkt zu erwarten
Auch einige Top-Player werden ohne oder mit geringem Wachstum auskommen müssen
Von Carsten Börner, CEO der Convista
Der Markt für IT-Beratung wird 2023 etwas enger und unbequemer. Wir hatten jahrelang einen wachsenden Markt. Das durchschnittliche Umsatzwachstum von IT-Dienstleistern betrug etwa 2021 13,1 Prozent. Im kommenden Jahr wird er sich in vielen Bereichen erstmals seit Jahren wieder zu einem Verdrängungsmarkt wandeln, in dem auch einige Top-Player ohne oder mit geringem Wachstum klarkommen müssen.
Woran liegt das: Unternehmen zahlreicher Branchen leiden unter erhöhten Kosten. Diese entstehen durch Lieferschwierigkeiten, Inflation und Lohnerhöhungen – großteils zurückzuführen auf den Krieg gegen die Ukraine, andere geopolitische Unsicherheiten wie ein unsicheres wirtschaftliches Verhältnis des Westens mit China und die Folgen der Covid-Pandemie. Unternehmen haben zu viele unaufschiebbare Herausforderungen auf dem Tisch – 43 Prozent planen Investitionen in eine Resilienz der Lieferketten. Es ist zweifelhaft, dass sie Digitalisierungsprojekte in dieser Phase angehen, auch wenn 39 Prozent vermehrt Geld für eine bessere Technologie ausgeben wollen. Dies wird sich ähnlich wie in den vergangenen Jahren, erst im Anschluss an die großen Strukturinvestitionen in IT-Plattform Investitionen auswirken.
Ein Frühindikator ist dafür die Chemie-Industrie, denn sie produziert Basisstoffe für die herstellende Industrie. Eine sinkende Nachfrage in diesem Bereich weist darauf hin, dass andere Industrien nur vorsichtig planen und einkaufen. Chemieunternehmen schauen derzeit, ob sie dem Kostendruck begegnen können, indem sie die Produktion herunterfahren oder ins Ausland verlagern. Auch wenn seit Dezember wieder ein leichter Aufwärtstrend in der Branche zu verzeichnen ist, melden immer noch 30,6 Prozent der Unternehmen Engpässe in der Versorgung mit Vorprodukten.
Digitalisierung bleibt als strategisches Thema auf der Tagesordnung und IT-Strategieberatung dürfte sogar weiter leicht wachsen. Aber die Ausgaben für IT-Projekte werden kritischer begutachtet als es vor zwölf Monaten der Fall gewesen wäre. Zum Beispiel äußert sich das darin, dass Budgets für die Digitalisierung, die zuvor auf Abteilungsebene vergeben worden wären, nun durch den CFO persönlich abgezeichnet werden müssen. Die Folge: Entscheidungen ziehen sich länger hin.
Für IT-Beratungsunternehmen entsteht so absehbar eine Wachstumsdelle. Auf diese können sie sich jedoch komfortabel einstellen, denn die Auftragsbücher sind noch auf Monate hin voll. Es ist zu hoffen, dass die Branche diese Zeit nutzt, um auch über sich selbst nachzudenken und sich zu transformieren. Ein Markt, der über Jahre hinweg nur wächst und kaum die Nachfrage bedienen kann, droht selbstgefällig zu werden. Im Jahr 2023 dürften viele Unternehmen erstmals wieder Innovations- und Marktdruck spüren. Es ist wieder Einfallsreichtum gefordert, um sich gegen Wettbewerber durchzusetzen. Dies wird der Qualität und Diversifikation der IT-Beratungsunternehmen zugute kommen, vorübergehend eine kleine Delle hinzunehmen.
Von Carsten Börner
Carsten Börner ist neben Martin Hinz Co-CEO der neuen ConVista. Er war zuvor Chief Executive Officer und Gründer der enowa AG, bevor diese mit ConVista fusionierte. Als CEO in der Informationstechnologie- und Dienstleistungsbranche liegen seine Schwerpunkte im weiteren, zukunftsfähigen Aufbau und der Bündelung der Firmengruppe als verlässlicher Transformationspartner für die Digitalisierung. Börner ist seit 1996 im Beratungs- und Kommunikationssektor sowohl als Gründer als auch als Partner tätig und verfügt über einen großen Erfahrungsschatz in den Bereichen Geschäftsprozesse, IT-Servicemanagement, IT-Strategie, Unternehmenstransformation sowie Fusionen und Übernahmen. Er ist Diplom-Kaufmann mit Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaften der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
(Convista: ra)
eingetragen: 14.02.23
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