Begriffswelt ASP und SaaS im Vergleich
Lizenzkauf versus Softwaremiete und Software-as-a-Service versus Application Service Providing
Vorteile der Softwaremiete im Vergleich zum Lizenzkauf sowie Abgrenzung von SaaS zum ASP
Von Philipp Sander*
(06.08.09) - Führende Analysten wie Merill Lynch und Gartner sagen dem SaaS-Modell eine erfolgreiche Zukunft voraus. Flexible "On demand"-Angebote (SaaS/ASP) werden sich als Alternative zum traditionellen Lizenzgeschäft immer stärker durchsetzen. Viele Lösungen haben die Bewährungsprobe bestanden, was auch die Vorbehalte der SaaS/ASP-Verweigerer ausräumen sollte. Laut einer von Forrester Research in Europa und USA durchgeführten Studie nutzten im vergangenen Jahr rund 16 Prozent der Unternehmen SaaS-Lösungen - im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 33 Prozent.
Aktuelle Schätzungen der Experton Group prophezeien für den deutschen SaaS-Markt jährliche Wachstumsraten von über 30 Prozent. Dafür rüsten sich die Softwarehersteller. Sie investieren in den Aufbau von Managed Services Know-how und die erforderlichen Infrastrukturen. Auch die Anzahl spezialisierter SaaS/ASP-Anbieter steigt kontinuierlich.
Während sich ASP-Lösungen am Markt bereits durchgesetzt haben, konnte sich SaaS noch nicht klar positionieren. Die grundlegende Idee ist sowohl bei SaaS als auch beim ASP, Software als Dienstleistung basierend auf Internettechnologien bereitzustellen. Abgesehen davon differenzieren sich die beiden Software-Distributionsmodelle allerdings in vielen Punkten.
Ein wesentlicher Unterschied liegt im Bereich des Customizings. SaaS bietet hier im Vergleich zum ASP weitreichende Möglichkeiten und erreicht damit neue Märkte. Softwaremiete hält Einzug in komplexen Lösungsbereichen wie ERP oder Dokumentenmanagement und wird auch den Ansprüchen von Großunternehmen gerecht.
(*) Der folgende Fachartikel von Philipp Sander, Marketing & Sales Director bei Scalaris, zeigt auf, wann Software on demand Vorteile bietet. Die Unterschiede zwischen ASP und SaaS werden erläutert.
Lizenzkauf versus Softwaremiete
Beim Kauf erwirbt ein Unternehmen die Lizenz und damit das Recht zur Nutzung einer Software, die anschließend mit einem Installationspaket zur Verfügung gestellt wird. Dazu muss eine EDV-Umgebung vorhanden sein, auf der eine Standardsoftware installiert werden kann. Die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens werden konfiguriert und der Kunde übernimmt schließlich eine ganzheitliche Lösung – meist mit einem Wartungsvertrag, der das Recht auf Softwarefehlerbehebung sowie neue Releases beinhaltet. Dafür fallen erhebliche zusätzliche Kosten an. Den laufenden Betrieb und die Betreuung der IT-Infrastruktur übernimmt das Unternehmen selbst. Angesichts der hohen Entwicklungsgeschwindigkeit dürfen beim Softwarekauf auch die Kosten für eine regelmäßige Erneuerung der Hardware nicht unterschätzt werden.
Die On demand-Modelle Software as a Service (SaaS) und auch Application Service Providing (ASP) basieren hingegen auf dem Grundsatz, dass die Software bei einem externen Dienstleister betrieben wird. Der Mitarbeiter benötigt nur noch seinen PC oder ein Notebook mit Internetanbindung und kann damit über den Webbrowser auf die Anwendungen zugreifen. Unternehmen ersparen sich die hohen Anfangsinvestitionen für den Kauf der Softwarelizenzen. Auch der gesamte Aufwand im Zusammenhang mit der Installation und Betreuung der eigenen Systeme entfällt.
Ein SaaS-Anbieter übernimmt sowohl die Kosten als auch die Verantwortung für den laufenden Betrieb der IT-Systeme. Das befreit Unternehmen von vielen zeitaufwändigen administrativen Aufgaben (Monitoring der bereitgestellten Anwendungen, Accounting-, Reporting- und Billing-Funktionen etc.).
SaaS-Lösungen gewährleisten eine hohe Flexibilität und unterstützen Unternehmen ihre Kosten langfristig zu optimieren. Zusätzliche Services können sehr rasch integriert, überflüssige Funktionen abbestellt werden. Zahlreiche Umfragen bestätigen, dass rund 80 Prozent der IT-Abteilungen "überlizenziert" sind. Es werden Lizenzgebühren entrichtet, auch wenn Teile der verfügbaren Software überhaupt nicht benötigt werden. SaaS-Kunden hingegen bezahlen nutzungsabhängige Gebühren, das heißt die Höhe der Kosten richtet sich nach der Anzahl der User, den genutzten Funktionen sowie den vereinbarten Service Level Agreements (SLAs).
Weitere Argumente für SaaS
>> Zeitdruck: Während Unternehmen für die Installation eigener Systeme meist umfangreiche Vorbereitungen treffen müssen, kann der SaaS-Anbieter alle Services rasch zur Verfügung stellen. Beim Lizenzkauf fallen außerdem hohe Anfangsinvestitionen an, die mit langwierigen Entscheidungsprozessen verbunden sind, welche die Umsetzung eines Projektes verzögern.
>> Hohe Sicherheit und geringe Komplexität: Der SaaS-Anbieter ist Experte. Er verfügt über das entsprechende Know-how und die neueste Technologie – auch in Punkto Sicherheit. Zugleich bedeutet der Verzicht auf eigene Systeme, dass die Komplexität der IT-Infrastruktur nicht weiter erhöht wird. Die eigenen Ressourcen können für strategische Aufgaben und die Betreuung der geschäftskritischen Hauptapplikationen genutzt werden.
>> Unternehmenspolitische Gründe: Wenn es um hohe Investitionen geht, sind meist viele Unternehmensbereiche am Entscheidungsprozess beteiligt. Die Interessen der verschiedenen Vertreter, zum Beispiel aus Fach- und IT-Abteilungen, sind oft unterschiedlich gelagert. Der externe Dienstleister als neutrale Instanz kann helfen Konflikte zu vermeiden und Entscheidungen zu beschleunigen.
>> Flexible Preisgestaltung und Kostenaufteilung: Kunden erhalten verschiedene Optionen für die Berechnung der Kosten (z.B. anhand der Anzahl der Nutzer oder des Dokumentenvolumens).
SaaS versus ASP
Sowohl SaaS als auch ASP sind Software-Mietmodelle. Unternehmen nutzen definierte Services für einen vertraglich vereinbarten Zeitraum. Der Zugriff erfolgt via Internet. Wo liegen die Unterschiede?
Grad der Standardisierung
ASP-Angebote sind zu 90 bis 100 Prozent standardisiert. Ein Service-Package mit einem bestimmten Funktionsumfang wird von vielen Kunden genutzt. Die Applikationen benötigen kaum Customizing und ASP bietet in der Regel nur einen Service Level.
SaaS profitiert ebenfalls von den Vorteilen der Standardisierung, allerdings nicht in diesem Ausmaß. 30 bis 40 Prozent einer SaaS-Lösung werden an die konkreten Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst. Aus technischer Sicht ist dies möglich, da ein SaaS-Anbieter spezifische Anwendungen, die in seinem Rechenzentrum betrieben werden, bereitstellt, während sich ASP Kunden nicht nur die Infrastruktur, sondern auch eine Applikationsumgebung teilen.
Einsatzbereiche
Aus dem Grad der Standardisierung lassen sich die Einsatzbereiche für SaaS beziehungsweise ASP ableiten. Pauschal betrachtet ist ASP für simple IT-Anwendungen geeignet, während SaaS auch im komplexen Lösungsgeschäft sinnvoll eingesetzt werden kann. Eine neue Zielgruppe für Softwaremiete sind Großunternehmen.
Art der Anwendung
Wenn der Verwendungszweck keine spezifischen Anforderungen an die Lösung stellt, bieten sich ASP-Lösungen an. Projektmanagement-Tools, Office-Anwendungen und in vielen Fällen auch CRM-Lösungen sind typische Beispiele für ASP. Das Unternehmen muss sich hier an die Möglichkeiten des Systems halten und sein Vorgehen danach ausrichten. Hingegen kommen Lösungen für ERP oder Dokumentenmanagement nur dann sinnvoll zum Einsatz, wenn sie an die Bedürfnisse der Unternehmen und an die Anforderungen unterschiedlicher Fachbereiche angepasst werden können.
Beispiel Dokumentenmanagement: Eine Input-Management-Lösung, also die elektronische Erfassung, Erkennung und Klassifizierung von Dokumenten, muss die spezifischen Dokumententypen (Formulare, Rechnungen, Anträge, etc.) eines Unternehmens berücksichtigen und über Schnittstellen in eine bestehende IT-Struktur integriert werden. Nur so können Daten korrekt ausgelesen, eventuell mit Informationen aus einer ERP-Anwendung kombiniert und schließlich an ein System zur weiteren Ver- und Bearbeitung (Dokumentenmanagement, Archiv) weitergeben werden.
Unternehmensgröße
ASP ist auch oder ganz besonders für kleine und mittelgroße Unternehmen bis 500 Mitarbeiter geeignet. Da die Geschäftsfälle nicht so vielfältig und Prozesse folglich einfacher sind, können Mitarbeiter ihre Aufgaben mit einer Standardsoftware sehr gut bewältigen. Mit der Unternehmensgröße steigt auch die Komplexität der Geschäftsvorgänge. Individuelle Anforderungen müssen berücksichtigt werden und dies ist dank SaaS heute auch mit Mietsoftware möglich. Zur SaaS-Zielgruppe zählen also Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern.
Sourcing
Im Falle von ASP ist Outsourcing die einzige Alternative. SaaS bietet hingegen vielfältige Sourcing-Möglichkeiten, auch ein vollständiges Insourcing. In diesem Fall übernimmt der externe SaaS-Dienstleister seine Aufgaben am Standort und in den Räumlichkeiten des Unternehmens. Dies kann beispielsweise eine Maßnahme aus Sicherheitsgründen sein, wenn ein Unternehmen seine sensiblen Daten nicht außer Haus geben möchte.
Preismodelle und Laufzeiten
ASP-Angebote richten sich nach einer standardisierten Preisliste für einen definierten Funktionsumfang. Wie beim Lizenzkauf wird ein "Package" bezahlt, auch wenn manche Teile daraus nicht benötigt werden. SaaS zeichnet sich hier durch maßgeschneiderte Angebote aus. Der Kunde hat die Wahl zwischen vielfältigen Service Level Agreements (SLAs), die definierte Software Services umfassen. So bezieht und bezahlt ein Unternehmen nur die tatsächlich benötigten Leistungen. Oft wird auch die Preisberechnungsgrundlage an die individuellen Kundenbedürfnisse angepasst: Die Kosten für die Nutzung der Softwareanwendungen können sich an der Anzahl der Nutzer orientieren, oder sie werden auf Basis des Dokumentenvolumens, welches mit der Lösung verarbeitet wird, kalkuliert.
Mit ASP-Verträgen binden sich Kunden für einen relativ kurzen Zeitraum, meist für 12 bis 24 Monate. SaaS-Lösungen werden individuell zugeschnitten und entsprechend über längere Laufzeiten kalkuliert, üblich sind drei bis fünf Jahre.
Vertrieb
ASP-Software wird über unterschiedliche Distributionswege, meist über einen Reseller oder gegen Bezahlung per Kreditkarte auch via Internet vertrieben. Der Erklärungsbedarf ist bei ASP-Anwendungen in der Regel gering und sie können sofort genutzt werden.
SaaS-Lösungen erfordern auch im Verkauf fundiertes Know-how. Der Anteil an Beratungsleistungen ist hier vergleichsweise hoch. Sie werden daher direkt vom Softwarehersteller oder in enger Zusammenarbeit mit einem Partner vertrieben. Da die Lösungen für vielfältige und teilweise komplexe Prozesse eingesetzt werden, ist auch ein tiefes Verständnis für die Geschäftsfälle unterschiedlicher Branchen und Fachbereiche erforderlich.
Ob ASP oder SaaS - flexible Software-Mietmodelle werden den neuen und steigenden Anforderungen von Unternehmen (Kostendruck, schnelle Reaktionsfähigkeit, etc.) optimal gerecht. Das Lizenzgeschäft wird dadurch zunehmend verdrängt und es deutet alles auf eine Industrialisierung der Informationstechnologie hin. Vermutlich stellt SaaS in diesem Prozess eine Etappe auf dem Weg zum flächendeckenden Einsatz standardisierter Softwareservices dar - ein Zwischenschritt in komplexen Lösungsbereichen und für Großunternehmen, wo bisherige ASP-Lösungen nur teilweise sinnvoll eingesetzt werden konnten. (Scalaris: ra)
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