Cloud Computing und Datenschutzrecht
Datenschutzkonformes Cloud Computing: Aus Datenschutzsicht bringt die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Cloud besondere Risiken mit sich
Die Cloud-Anbieterin, die für ihre Kundin Daten in der Cloud verarbeitet, gilt als Auftragnehmerin i. S. d. § 11 BDSG
(19.07.12) - "Cloud Computing" steht für "Datenverarbeitung in der Wolke" und beschreibt eine vernetzte Rechnerlandschaft, in welche die eigene Datenverarbeitung ausgelagert wird. Cloud Computing-Dienstleistungen wie "Software-as-a-Service" (SaaS), "Platform-as-a-Service" (PaaS) und "Infrastructure-as-a-Service" werden üblicherweise von mehreren Auftragsnehmern bzw. Unterauftragsnehmern über das Internet erbracht. Die Datenverarbeitung erfolgt zumeist in mehreren Rechenzentren an verschiedenen Standorten rund um den Globus. Aus Datenschutzsicht bringt die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Cloud besondere Risiken mit sich: Zum einen resultiert aus der Vielzahl an (Unter-)Auftragsnehmern und der Übermittlung personenbezogener Daten in unsichere Drittstaaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ein Kontrollverlust für Cloud Computing-Anwender, zum anderen fehlt es regelmäßig an der notwendigen Transparenz, wie, wo und von wem personenbezogene Daten in der Cloud verarbeitet werden.
Aus diesem Grund hat die Artikel 29-Datenschutzgruppe, das unabhängige Beratungsgremium der Europäischen Union für den Datenschutz, am 01.07.2012 eine Stellungnahme zum Thema Cloud Computing veröffentlicht. In dieser Stellungnahme analysiert die Gruppe die für Cloud Computing geltenden Bestimmungen des EU-Datenschutzrechts und gibt Cloud-Anwendern und -Anbietern Richtlinien und Empfehlungen dazu, wie Datenverarbeitung in der Cloud datenschutzkonform ausgestaltet werden kann. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) veröffentlicht nun auf dieser Grundlage Hinweise zur datenschutzgerechten Erbringung und Nutzung von Cloud-Dienstleistungen nach deutschem bzw. europäischem Recht.
Cloud-Anwender und -Anbieter sollten insbesondere den folgenden Bewertungen und Empfehlungen folgen:
>> Die Cloud-Anwenderin bestimmt nicht nur den Zweck der Datenverarbeitung, sondern trifft auch eine Entscheidung über das Outsourcing an einen Cloud-Service und ist damit die datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle. Die Cloud-Anbieterin, die für ihre Kundin Daten in der Cloud verarbeitet, gilt als Auftragsnehmerin i. S. d. § 11 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz). Dies trifft auch dann zu, wenn die Cloud-Anwenderin ein kleines oder mittleres Unternehmen und die Cloud-Anbieterin ein internationaler Konzern ist. Ein solches Ungleichgewicht bei der Vertragsgestaltung berechtigt die verantwortliche Stelle nicht zum Akzeptieren von Vertragsklauseln, die nicht mit dem Datenschutzrecht vereinbar sind. Der Vertrag zwischen Cloud-Anbieterin und -Anwenderin muss inhaltlich den Anforderungen des § 11 Abs. 2 S. 2 BDSG genügen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der Vertrag außerdem auch regeln, dass die Cloud-Anbieterin dazu verpflichtet ist, die Cloud-Anwenderin über alle Unterauftragsverhältnisse und über alle Orte, an denen personenbezogene Daten gespeichert oder verarbeitet werden können, zu informieren.
Lesen Sie zum Thema "Datenschutz-Compliance" auch: Compliance-Magazin.de (www.compliancemagazin.de)
>> Wer personenbezogene Daten in der Cloud verarbeiten lässt, ist gesetzlich dazu verpflichtet, den bzw. die Dienstleister sorgfältig auszuwählen. Ein Blick auf die Datensicherheit genügt dabei nicht. Die Art. 29-Gruppe hat die Datenschutzanforderungen, die sich auch im neuen Landesdatenschutzgesetz von Schleswig-Holstein wiederfinden, konkretisiert: Neben Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität müssen die Datenschutz-Schutzziele Transparenz, Nicht-Verkettbarkeit und Intervenierbarkeit umgesetzt werden. Die Übermittlung personenbezogener Daten in unsichere Drittstaaten außerhalb des EWR ist nur unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. bei einer Verwendung sogenannter Standardvertragsklauseln oder verbindlicher Unternehmensregelungen, zulässig. Bei einer Datenübermittlung in die Vereinigten Staaten von Amerika kann sich die verantwortliche Stelle nach Auffassung der Art. 29-Gruppe nicht auf eine Selbstzertifizierung nach den Safe Harbor Prinzipien verlassen. Sie muss die Zertifizierung und die Einhaltung der Prinzipien selbst überprüfen.
Thilo Weichert, Leiter des ULD, sagte: "Cloud Computing ist eine technische Realität, bei der die Beachtung der Datenschutzvorschriften zwingend gefordert ist. Dies gilt auch hinsichtlich der Zugriffe staatlicher Stellen, insbesondere durch Strafverfolgungsbehörden, in Drittstaaten. Transparenz ist für die Nutzerinnen und Nutzer gerade beim Cloud Computing unverzichtbar. Mit dem EuroPriSe-Zertifikat des ULD können Cloud-Anbieter die Einhaltung der europäischen Vorgaben verlässlich und transparent nachweisen. Die Bestrebungen der EU-Kommission, Clouds 'Made in Europe' besonders zu zertifizieren, sind zu unterstützen, wenn die Siegel – wie bei EuroPriSe – durch unabhängige Stellen auf der Basis qualifizierter Gutachten im Rahmen eines definierten, transparenten Verfahrens verliehen werden."
Fact-Sheets des ULD: https://www.european-privacy-seal.eu/results/fact-sheets/
Stellungnahme der Artikel 29-Datenschutzgruppe:
http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2012/wp196_en.pdf
Orientierungshilfe der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder: http://www.datenschutz.hessen.de/download.php?download_ID=237
Hintergrundmaterial:
https://www.datenschutzzentrum.de/cloud-computing/
https://www.datenschutzzentrum.de/internationales/20111115-patriot-act.html
(ULD: ra)
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