Einsatz von KI-Technologien
Studie untersucht "AI-Readiness": Nur 7 Prozent der deutschen Firmen sind bestmöglich auf KI vorbereitet
61 Prozent sehen den Druck, aus Geschäftsgründen innerhalb eines Jahres KI-Strategie umzusetzen
Weltweit sind 14 Prozent der Unternehmen vollständig darauf vorbereitet, KI einzusetzen – in Deutschland lediglich 7 Prozent. Das zeigt der erste AI Readiness Index von Cisco, für den über 8.000 Unternehmen befragt wurden, alleine in Deutschland mehr als 300. Im Vergleich zu sieben anderen EU-Staaten und Großbritannien liegt Deutschland immerhin in den Top 3 dieser Gruppe – allerdings mit deutlichem Abstand zu Schweden und Großbritannien und punktgleich mit Polen. 36 Prozent der deutschen Unternehmen gehören demnach zur Spitzengruppe "Schrittmacher" oder zur zweitbesten Kategorie "Verfolger", in Großbritannien und Schweden sind es jeweils bereits 44 Prozent.
Der Start von ChatGPT im November 2022 hat einen beispiellosen KI-Boom ausgelöst. Seitdem hat ein internationales Wettrennen zwischen den Unternehmen begonnen, wer die KI-Möglichkeiten als erstes gewinnbringend nutzen kann. Inzwischen zeigen sich bereits enorme Unterschiede in der "AI-Readiness". Cisco hat dafür in 30 Ländern Unternehmen anhand der KI-Voraussetzungen "unter der Motorhaube" bewertet – also deren Strategie, Infrastruktur, Datenhaltung, Governance, Fachpersonal und Unternehmenskultur mit Bezug auf KI untersucht.
Über alle Ländergrenzen hinweg sagen fast alle Befragten (97 Prozent), dass die Dringlichkeit für den Einsatz von KI-Technologien in ihrem Unternehmen in den letzten sechs Monaten zugenommen hat. Hier werden IT-Infrastruktur und Cybersicherheit als die Bereiche mit der höchsten Priorität genannt. Zu wenig Tempo hätte direkt negative Auswirkungen: 61 Prozent glauben, dass sie maximal nur ein Jahr Zeit zur Implementierung einer KI-Strategie haben, ansonsten wird ihr Geschäft erheblich beeinträchtigt. Weltweit sind 84 Prozent der Meinung, dass KI einen erheblichen Einfluss auf ihre Geschäftsabläufe haben wird. Doch 81 Prozent sehen große Herausforderungen, KI mit ihren in Silos verteilten Daten zu nutzen.
"Alle Unternehmen weltweit wollen KI für ihre Geschäfte nutzen, aber es gibt ein großes Gefälle, inwieweit sie dazu auch in der Lage sind. In Deutschland gibt es einige Exzellenz-Cluster, aber in der Breite ist die Eintrittsschwelle zu hoch, um KI einzusetzen", sagt Christian Korff, Mitglied der Geschäftsführung Cisco Deutschland und Leiter der Bundesfachkommission "Künstliche Intelligenz und Wertschöpfung 4.0" vom Wirtschaftsrat der CDU.
Deutschland: In Europa Top 3 – gute Werte bei Strategie und Talenten
Weltweit rangiert Deutschland bei "AI-Readiness" im Mittelfeld – allerdings ist ein konkreter Vergleich nur mit den europäischen Nachbarn sinnvoll, da hier ähnliche Standards der Selbsteinschätzungen zu erwarten sind.
In Deutschland gehören nur 7 Prozent der Unternehmen zur Gruppe der Schrittmacher, die als vollständig vorbereitet auf KI gelten. Weltweit sind es 14 Prozent, in ganz Europa und Großbritannien 8 Prozent. In Schweden gelten dagegen 22 Prozent der Unternehmen als Schrittmacher bei der AI-Readiness. Fasst man die ersten beiden Kategorien zusammen ("Schrittmacher" und "Verfolger"), dann teilen sich Großbritannien und Schweden insgesamt den ersten Platz in Europa mit jeweils 44 Prozent. Platz 3 teilen sich Deutschland und Polen mit 36 Prozent. Es folgen Italien (34 Prozent), Frankreich und Spanien (je 31 Prozent), dann Schweiz (24 Prozent) und Niederlande (22 Prozent).
Deutsche Unternehmen sind in keiner Kategorie führend – weder global noch in Europa. Die besten Werte erreichten deutsche Unternehmen noch im Bereich Strategie. 69 Prozent von ihnen gehören hier zu den beiden fortgeschrittenen Kategorien Schrittmacher und Verfolger, global sind es 73 Prozent. In Europa befindet sich Deutschland gleichfalls im Mittelfeld: Während in Schweden 86 Prozent der Unternehmen zu diesen beiden Kategorien gehören, sind es in Italien 73 Prozent, Großbritannien und Schweiz 71 Prozent, Spanien 66 Prozent, Polen 64 Prozent, Niederlande 48 Prozent und Frankreich 30 Prozent.
Deutschen Unternehmen ist bewusst, dass sie eine klare Strategie brauchen, um KI effektiv einzusetzen. 95 Prozent der Unternehmen hierzulande besitzen diese bereits oder arbeiten daran. Allerdings sagt die Existenz einer Strategie noch nichts über ihre Qualität aus. Bei der Einführung von KI legen die Firmen hierzulande ihren Schwerpunkt vor allem auf die Steigerung von Produktivität und Effizienz (58 Prozent), gefolgt von einer verbesserten Kundenerfahrung (53 Prozent). Die Erschließung neuer Einnahmequellen rangiert dagegen auf dem letzten Platz (28 Prozent). Ähnlich niedrig wird derzeit ebenfalls der KI-Einsatz für die Belegschaft priorisiert (29 Prozent), wenngleich gerade Anwendungen wie Videokonferenzen wesentlich von künstlicher Intelligenz profitieren.
Vergleichsweise gut stehen deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich im Bereich der KI-Expertise ihrer Mitarbeiter da (Kategorie Talente: 47Prozent). In Europa befindet sich nur Schweden mit 63Prozent vor Deutschland. Es folgen UK (45Prozent), Italien (44Prozent), Schweiz (43Prozent), polen (40Prozent), Frankreich (39Prozent), Niederlande und Frankreich (beide 35Prozent). Im globalen Schnitt gehören allerdings 53Prozent der Unternehmen zu den beiden fortgeschrittenen Kategorien.
Deutschland: Bei Infrastruktur und Daten mangelhaft
Weniger gut aufgestellt für ihre "AI-Readiness" sind deutsche Unternehmen in den Bereichen Infrastruktur und Daten. Bei der Infrastruktur gehören nur 34 Prozent der deutschen Unternehmen zu den beiden fortgeschrittenen Kategorien, global sind es durchschnittlich 47 Prozent. Ähnlich sieht es im Bereich Daten aus: Hier befinden sich nur 31Prozent der Firmen hierzulande in diesen Kategorien, weltweit 43Prozent. In beiden Bereichen liegen Großbritannien und Schweden klar vor Deutschland, Italien und Polen auf ähnlichem Niveau, Niederlande, Frankreich, Spanien und die Schweiz deutlich dahinter.
"Die genutzte Infrastruktur bestimmt in hohem Maße die KI-Fähigkeiten eines Unternehmens, doch aktuell ist sie in Deutschland oft noch nicht bereit für einen hochskalierten Einsatz von künstlicher Intelligenz", ergänzt Christian Korff. "Zwei Drittel der deutschen Unternehmen sagen, dass ihre Infrastruktur nur begrenzt skalierbar ist. Auch auf den deutlich steigenden Stromverbrauch durch KI (60 Prozent) und zunehmende Gefahren der Cybersecurity sind sie nicht vollständig vorbereitet (35 Prozent)." Immerhin: Knapp ein Drittel (29 Prozent) nimmt Bedrohungen ihrer Cybersicherheit im Zusammenhang mit KI und maschinellen Lernen wahr und weist ihnen einen hohen Stellenwert zu.
In den restlichen Kategorien "Governance" und "Kultur" ist das Bild für deutsche Unternehmen gemischt. Bei der Unternehmenskultur gibt bei den europäischen Ländern kaum Unterschiede. Unternehmen aus Deutschland (42 Prozent), Schweden, Großbritannien, Italien, Schweiz und Polen (41-45 Prozent) liegen dicht beieinander. Bei der Kategorie Governance rangiert Deutschland mit 35 Prozent auf Platz drei hinter Großbritannien (40 Prozent) und Schweden (37 Prozent) – und klar hinter dem weltweiten Schnitt von 44 Prozent.
Weitere globale Ergebnisse:
>> Strategie: 85 Prozent verfügen über Metriken, um die Wirkung des Einsatzes von KI- Lösungen zu messen oder arbeiten daran. Zwei Drittel (75 Prozent) der Unternehmen haben KI-gestützte Lösungen für die Kundeninteraktion bereits teilweise oder vollständig implementiert (z.B. Chatbots oder Videokonferenzlösungen).
>> Infrastruktur: Netzwerke sind derzeit nicht für KI-Workloads bereit. 95 Prozent der Unternehmen glauben, dass KI die Arbeitsbelastung für ihre Infrastruktur erhöhen wird, aber nur 17 Prozent verfügen über dafür geeignete flexible Netzwerke. 23 Prozent können aufgrund begrenzter oder fehlender Skalierbarkeit keine neuen KI-Prozesse mit ihrer aktuellen IT-Infrastruktur bewältigen. Um den erhöhten Leistungs- und Rechenanforderungen gerecht zu werden, benötigen mehr als drei Viertel (76 Prozent) der Unternehmen weitere Grafikprozessoren (GPUs) im Rechenzentrum.
>> Daten: Obwohl Daten die Basis für sämtliche KI-Aktivitäten bilden, gibt es in diesem Bereich die meisten Nachzügler weltweit (17 Prozent). In 82 Prozent der Unternehmen sind Daten nur fragmentiert oder in Silos gespeichert.
>> Talente: 98 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass dringend in die Weiterbildung bestehender MitarbeiterInnen investiert werden muss. Denn in nahezu der Hälfte der Unternehmen (47 Prozent) liegt ihr Kenntnisstand zu KI maximal auf moderatem Level.
>> Governance: Die Einführung von KI-Richtlinien gewinnt nur langsam an Fahrt. 76 Prozent der Unternehmen besitzen noch keine umfassende KI-Governance.
>> Unternehmenskultur: Dieser Bereich weist die geringste Anzahl von Schrittmachern auf (9 Prozent). Nur 26 Prozent der Unternehmen haben Pläne für ein Change Management zur umfassenden Einführung von KI.
Über die Studie
Der neue Cisco AI Readiness Index basiert auf einer Doppelblind-Umfrage unter 8.161 Geschäfts- und IT-Führungskräften aus dem privaten Sektor in 30 Ländern. Sie wurde von einem unabhängigen Dritten durchgeführt, der die Teilnehmenden aus Unternehmen mit 500 oder mehr MitarbeiterInnen befragte. Der Index bewertet die KI-Bereitschaft der Unternehmen in sechs zentralen Bereichen: Strategie, Infrastruktur, Datenhaltung, Governance, Fachpersonal und Unternehmenskultur.
Die Unternehmen wurden anhand von 49 verschiedenen Metriken untersucht, um ihre jeweilige Bereitschaft in diesen sechs Bereichen sowie eine Gesamtbewertung zu ermitteln. Jedem Indikator wurde eine individuelle Gewichtung zugewiesen, die sich nach seiner relativen Bedeutung für die "AI-Readiness" richtete. Auf Basis der Gesamtbewertung hat Cisco vier Unternehmensgruppen mit unterschiedlichem Bereitschaftsgrad identifiziert: Schrittmacher (vollständig vorbereitet), Verfolger (gut vorbereitet), Mitläufer (begrenzt vorbereitet) und Nachzügler (nicht vorbereitet). (Cisco Systems: ra)
eingetragen: 16.11.23
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