KI tritt aus dem Schattendasein
Mehr digitale Investitionen nötig: Großer Nachholbedarf in der Automobilindustrie und dem Maschinen- und Anlagenbau
Künstliche Intelligenz revolutioniert die Schnittstelle zum Kunden und ermöglicht intelligente Produkte
Viele Industrieunternehmen investieren zu wenig in digitale Technologien und drohen dadurch Marktanteile zu verlieren, so eine neue Studie von Accenture. Im Rahmen der Studie ‚Accenture Technology Vision 2017‘ befragte Accenture 102 Führungskräfte in der Automobilindustrie und 562 Führungskräfte im Maschinen- und Anlagenbau weltweit. Obwohl zwei Drittel aller Befragten die disruptiven Auswirkungen der Digitalisierung im eigenen Unternehmen spüren, gaben die Hälfte der Automobil- und 60 Prozent der Maschinen- und Anlagenbauunternehmen an, dass Investitionen in diesem Bereich bisher nicht ausreichend in ihrer Unternehmensstrategie berücksichtigt würden.
Weiterhin ist eine große Mehrheit der befragten Industrieunternehmen (94 Prozent) überzeugt, dass digitale Technologien und das industrielle Internet der Dinge (IIoT) ihr Geschäft radikal verändern werden. Jedoch mangele es an entsprechenden Kompetenzen in denjenigen Bereichen, die immer stärker vom Einsatz digitaler Technologien abhängig sind, so die Studie weiter. Dazu zählen etwa ‚Products-as-a-Service’ - also die Vermarktung einer durch das Produkt erzielten Leistung - und Product Lifecycle Management.
Eine große Mehrheit von 95 Prozent der im Automobilbau und der -zulieferindustrie sowie im Maschinen- und Anlagenbau befragten Unternehmen ist überzeugt, dass es entweder entscheidend oder zumindestens von großer Bedeutung sei, Geschäftsmodelle rund um ‚Products-as-a-Service’ aufzubauen. Jedoch sehen sich nur eine von zehn Automobilfirmen (10 Prozent) und jeder fünfte Maschinen- und Anlagenbauer (18 Prozent) für diesen Schritt gut vorbereitet.
Welche Konsequenzen ausbleibende Investitionen in digitale Technologien für das Unternehmensergebnis nach sich ziehen könnten, zeigt die Accenture-Studie ‚Innovation-Driven Growth'. So sollten führende Unternehmen sich nicht allein darauf konzentrieren, ihre Produkte oder Dienstleistungen weiter zu verbessern. Stattdessen sollten sie Innovationen mit dem Ziel entwickeln, differenzierte Kundenerlebnisse zu ermöglichen. Dadurch könnte der jährliche Umsatz dieser führenden Unternehmen um drei bis sieben Prozent wachsen. Diese Innovationen werden zu einem großen Teil durch digitale Technologien ermöglicht.
Die Studie teilt Unternehmen dahingehend nach ihrer Leistungsfähigkeit ein: Als ‚Leader‘ qualifiziert sich, wer hinsichtlich finanzieller Performance und zukunftsweisender Innovationsansätze und -fähigkeiten zum oberen Fünftel der Unternehmen gehört. Die ‚Leader’ im Automobilbereich erzielten im Vergleich zu den übrigen Firmen einen um durchschnittlich eine Milliarde US-Dollar höheren Umsatz; bei den untersuchten Fertigungsunternehmen lag der Umsatz der ‚Leader’ im Durchschnitt um 560 Millionen US-Dollar höher. Zudem konnten die ‚Leader’ beider Sektoren ein stärkeres Wachstum des Betriebsergebnisses verzeichnen.
Auf der Hannover Messe sagte Eric Schaeffer, Senior Managing Director und Leiter der Industrial Practice bei Accenture: "Die fertigenden Industrieunternehmen brauchen einen ganzheitlichen Blick auf die Wertschöpfung. Dabei kommt insbesondere den Smart Services eine wichtige Rolle zu, denn sie sind das Rückgrat der digitalen Wertschöpfungskette. Der Lohn für solch eine ganzheitliche Sicht sind nicht nur deutlich zufriedenere Kunden, sondern auch höhere Umsätze und Gewinnmargen.”
Die im Rahmen der Technology Vision 2017 befragten Unternehmen sehen mit der Künstlichen Intelligenz (KI) eine neue Ära des Computerzeitalters erreicht. Dabei ersetzen KI-Technologien zunehmend mobile Anwendungen in ihrer Bedeutung - statt wie bisher ‚mobile first’ setzen Unternehmen nun immer öfter auf ‚AI first’. Die Unternehmen erwarten, dass Künstliche Intelligenz die Art und Weise, in der sie Informationen über ihre Kunden generieren und mit diesen interagieren, revolutionieren wird. Weiterhin sehen sie KI als entscheidenden Wegbereiter für intelligente Produkte. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Automobilfirmen und 37 Prozent der Maschinen- und Anlagenbauer erwarten erhebliche Veränderungen durch KI.
Die befragten Unternehmen der Automobilindustrie wollen ihre Investitionen in KI in den nächsten drei Jahren vor allem auf die Bereiche ‚Deep Learning’ und Videoanalyse fokussieren. Im Gegensatz dazu liegen die Investitionsschwerpunkte der Maschinen- und Anlagenbauer bei der KI auf den Bereichen Prozessautomatisierung durch Roboter und dem maschinellen Sehen.
Zwar ist die Künstliche Intelligenz laut Studie eine Schlüsseltechnologie für den geschäftlichen Erfolg in der heutigen digitalen Wirtschaft, doch sehen sich Industrieunternehmen bei der Umsetzung von KI-Anwendungen mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert. So zeigten sich viele der befragten Automobilunternehmen besorgt, dass Nutzer die Interaktion mit Menschen vorziehen und generell von einer gewissen Angst im Umgang mit KI-Technologien geprägt sein könnten. Unter den Maschinen- und Anlagenbauern gilt hingegen die Integration der KI in die bestehende IT-Infrastruktur als größte Herausforderung. Die Führungskräfte dieser Unternehmen sehen zwar ebenfalls das stärkere Vertrauen der Nutzer in menschliche Interaktion als Herausforderung, glauben aber auch, dass ein Mangel an entsprechenden Kompetenzen die Verankerung von KI-Technologien in ihrem Geschäft behindern könnte.
"Künstliche Intelligenz tritt aus seinem Schattendasein im Backend-Bereich der Unternehmen hervor und wird zunehmend für komplexere Aufgaben an der Schnittstelle von Technologie und Nutzer eingesetzt”, so Eric Schaeffer. "Das autonome Fahren, welches maschinelles Sehen nutzt, profitiert besonders stark von KI. Die Technologie trägt jedoch auch dazu bei, dass Schnittstellen generell nicht nur einfacher zu benutzen sind sondern auch intelligent werden. Das setzt ganz neue Maßstäbe für die Interaktion von Mensch und Maschine. KI wird nicht nur zum Aushängeschild der digitalen Markenidentität eines Unternehmens, sondern auch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb. Bereits heute zählt sie zu den Kernkompetenzen; und die Vorstandsebene muss darauf mit den entsprechenden Investitionen und Strategien reagieren.”
Accenture ist überzeugt, dass fertigende Unternehmen einen erheblichen Teil ihres Marktanteils und ihres Umsatzes verlieren würden, wenn sie nicht rechtzeitig auf Technologien wie KI setzten, um auf dieser Grundlage neue Produkte und Dienste zu entwickeln. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, um erste Feldversuche mit KI-Technologien zu starten und aus diesen Erfahrungen zu lernen.
"Nimmt man den Mangel an Analytics-Experten auf dem Arbeitsmarkt als Maßstab, dann sind Vorstände schlecht beraten, die Entwicklungen einfach weiter abzuwarten und darauf zu setzen, dass sie und ihre Führungskräfte schon die nötigen Fähigkeiten für das Arbeiten mit KI besitzen würden oder in der Lage sind, diese notfalls zu erwerben”, so Schaeffer weiter.
Über die Studie
Seit fast 17 Jahren beobachtet und analysiert Accenture systematisch die Entwicklung von Unternehmen und Märkten. Accenture identifiziert dabei die Technologietrends mit dem größten disruptiven Potenzial. Für die Studie zeichnen die Accenture Labs verantwortlich. Die aktuelle Ausgabe beruht unter anderem auf der Expertise des Technology Vision External Advisory Board. Dieses Gremium versammelt mehr als zwei Dutzend Entscheider und Unternehmer aus Privatwirtschaft und öffentlicher Hand, Wissenschaft, Wagniskapitalgebern und Start-Ups. Zudem hat das Team der Technology Vision neben Technologie-Vordenkern und Branchenexperten auch fast 100 Führungskräfte von Accenture befragt.
Zusätzlich führte Accenture Research eine weltweite Online-Umfrage unter mehr als 5.400 Business- und IT-Entscheidern aus 16 verschiedenen Branchen in 31 Ländern durch. Die Umfrage untersucht, inwiefern Unternehmen bereits junge Technologien nutzen, auf welche Herausforderungen sie dabei treffen und wo sie Prioritäten setzen. An der Umfrage beteiligten sich vor allem Führungskräfte und Bereichsleiter in Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 500 Millionen US-Dollar. Die Mehrheit der befragten Unternehmen wies einen Jahresumsatz von mehr als sechs Milliarden US-Dollar auf.
(Accenture: ra)
eingetragen: 04.05.17
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