Reifeprüfung im IT-Management
Selektives Outsourcing wird auch in Zukunft das Bild in deutschen IT-Abteilungen bestimmen
Logica und PAC untersuchten Reifegrad der Informationstechnologie deutscher Großunternehmen
(21.06.11) - Obwohl die IT-Strategie eines Unternehmens wertvolle Impulse für die betriebswirtschaftliche Ausrichtung der Firma liefern kann, werden Geschäfts- und IT-Strategie in deutschen Großunternehmen noch zu stark voneinander getrennt. Anstelle einer parallelen, harmonisierten Ausgestaltung des strategischen Rahmens finden IT- und Businessplanung immer noch getrennt voneinander statt. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer Studie, die das Marktforschungsinstitut PAC (Pierre Audoin Consultants) gemeinsam mit Logica Business Consulting unter 205 IT-Entscheidern deutscher Konzerne durchgeführt hat.
Die Studie mit dem Titel "Fit for the Future – Der CIO im Spannungsfeld zwischen Strategie und Betrieb" zeigt, dass viele Befragte zwar ein Interesse daran haben, den Reifegrad ihres IT-Managements zu erhöhen, dass jedoch Komplexität und hohe Arbeitslast einer konsequenten strategischen Arbeit im Wege stehen. Ein wertschöpfendes IT-Management ist allerdings eine Grundvoraussetzung, um den innerbetrieblichen Stellenwert der Informationstechnologie im Unternehmen in den kommenden Jahren merklich zu erhöhen.
IT Strategy & Governance
Eine klar definierte, nach Geschäftsanforderungen ausgerichtete und mit der Unternehmenskonzeption abgeglichene IT-Strategie bildet die Voraussetzung für eine zukunftsfähige IT-Organisation. Die Logica-Studie zeigt, dass viele Unternehmen ihre IT allerdings noch nicht als "Enabler" verstehen, der einen Mehrwert für die gesamte Organisation liefert. Dies nehmen nur drei Prozent der Befragten wahr. In mehr als drei Viertel (79 Prozent) der befragten Unternehmen ist die IT-Strategie auf operative Zielsetzungen ausgerichtet: Zum Teil liegt der Schwerpunkt auf der Kostensenkung (15 Prozent), mehrheitlich jedoch auf der Effizienzsteigerung (82 Prozent).
Für eine Harmonisierung von IT- und Geschäftsstrategie ist die Beteiligung der Geschäftsleitung an den IT-Belangen essentiell. Von den befragten Unternehmen geben lediglich 36 Prozent an, dass eine Einbindung des Topmanagements in der Formulierung der IT-Ausrichtung voll und ganz stattfindet.
Strategic Sourcing & Shared Services
Die sich schnell ändernden Geschäftsanforderungen zwingen die IT heute dazu, Ressourcen flexibel bereitzustellen. Die Logica-Studie weist aus, dass lediglich 30 Prozent der untersuchten IT-Abteilungen so aufgestellt sind, dass sie flexibel auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagieren können. Besonders ausgeprägt ist dieser Bedarf in der Telekommunikationsbranche sowie der Energiewirtschaft, in denen nur bis zu zehn Prozent der Befragten davon ausgehen, Ressourcen flexibel genug bereitstellen zu können. Der öffentliche Sektor sieht sich dagegen ausreichend vorbereitet.
Selektives Outsourcing wird auch in Zukunft das Bild in deutschen IT-Abteilungen bestimmen. Dies wird aus den Einschätzungen der Befragten deutlich, welchen Anteil die verschiedenen Arten der Leistungserbringung künftig an ihrem IT-Budget haben werden.
Bei steigenden Budgets und Umsätzen mit immer mehr und verschiedenen externen Providern nimmt die Bedeutung des Sourcings zu. Die Umsetzung einer unternehmensweiten Sourcing-Strategie findet jedoch bei 43 Prozent der Studienteilnehmer noch nicht statt. Hier sind es Großunternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern, die noch am ehesten mit einer unternehmensweiten Sourcing-Konzeption arbeiten (67 Prozent). Gleiches gilt auch für die organisatorische Begleitung dieser Strategie: In fast einem Drittel (32 Prozent) der Konzerne, insbesondere in der Energiewirtschaft und der Telekommunikation, wird IT-Sourcing heute als eigenständige Abteilung geführt. In 44 Prozent der Fälle ist jedoch die IT-Abteilung dafür zuständig.
IT Service Management
Die Standardisierung der IT-Prozesse nimmt an Bedeutung zu, je mehr ein Unternehmen mit externen Providern zusammenarbeitet. Die IT Infrastructure Library (ITIL) ist ein Best-Practice-Modell, das mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen (40 Prozent ITIL V2, 34 Prozent ITIL V3) zur Steuerung ihrer IT-Prozesse einsetzt. Insbesondere die Energiewirtschaft, Versicherungen und der Handel greifen auf den Standard zurück. ITIL definiert Service Level, also Leistungsscheine zur Festlegung der Servicequalität.
Innovationstreiber IT in der Automobilwirtschaft
Björn Schichler, Practice Manager IT Management & Strategy bei Logica in Deutschland, bewertet die Ergebnisse der Studie: "CIOs befinden sich wegen des kontinuierlichen Kostendrucks seit Jahren in einer defensiven Haltung. Sie können aus ihr nur ausbrechen, wenn es ihnen gelingt, ihre Abteilungen mit einer produktorientierten IT-Strategie vom Kosten- zum Innovationstreiber umzugestalten. Unsere Untersuchung zeigt, dass dies in vielen IT-Organisationen zwar sukzessive, nicht allerdings bis zur letzten Konsequenz erfolgt. Während ein IT Service Management auf Basis von Best-Practice-Modellen wie ITIL bereits in vielen IT-Abteilungen stattfindet, werden Sourcing-Abläufe selten verlässlich gemessen oder regelmäßig überprüft – und das, obwohl der Sourcing-Prozess sich zu einem wichtigen Kernprozess bei vielen Unternehmen wandelt. Der Einsatz des eSourcing-Capability-Modells zur Darstellung des Reifegrads des Sourcing-Prozesses könnte hier einen guten Beitrag leisten."
Wichtiger allerdings, so die Einschätzung von Schichler, ist eine Synchronisierung zwischen IT- und allgemeiner Unternehmensstrategie. "Erst wenn Erstere sich flexibel an den Unternehmenszielen orientiert, liefert sie einen Wertbeitrag. Aber auch die IT liefert wichtige Anregungen für die Unternehmensstrategie! Die Automobilwirtschaft macht es vor. Hier ist IT mittlerweile zum Impulsgeber für Produktinnovationen geworden, die über den Erfolg eines Fahrzeugs am Markt entscheidet."
Methodischer Rahmen
Die Analyse basiert auf den Ergebnissen einer Online-Panel-Befragung, die Logica Business Consulting und Pierre Audoin Consultants (PAC) im April 2011 unter 205 IT-Führungskräften durchgeführt haben. Die Zielgruppe umfasste deutsche Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. 34 Prozent der befragten Gesellschaften beschäftigen aktuell bis zu 2.000 Mitarbeiter, 38 Prozent zwischen 2.000 und 10.000 und weitere 28 Prozent mehr als 10.000 Mitarbeiter. (Logica: ra)
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