Georedundanz gebender Rechenzentren
Rechenzentren: Die Herausforderungen sind Migration, neue Technologien und eine Anpassung der Cloud Computing-Strategie
Empfehlungen des BSI für den sicheren Betrieb von Rechenzentren gelten vielen Organisationen als Richtschnur für den sicheren IT-Betrieb
Von Johan van den Boogaart, Zerto
Kurz vor Weihnachten hat das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) seine Empfehlung für die Entfernung georedundanter Rechenzentren von fünf auf 200 Kilometer angehoben. Die Gründe für diese Empfehlung sind im neuen Leitfaden des BSI "Kriterien für die Standortwahl höchstverfügbarer und georedundanter Rechenzentren" genau dokumentiert.
Was die Entfernung von einander Georedundanz gebender Rechenzentren betrifft, empfahl das BSI bisher einen Mindestabstand von fünf Kilometern. Mit der neuen, im Dezember 2018 veröffentlichten Empfehlung, hebt das BSI diese Distanz drastisch an. "Da es aber, insbesondere durch den Blick in die Vergangenheit, nicht möglich ist, zukünftige potentiell schädliche Situationen und Ereignisse ausreichend sicher vorherzusagen, sollten einander Georedundanz gebende Rechenzentren einen Mindestabstand von circa 200 Kilometer zueinander haben", führt das BSI in seinen Standort-Kriterien unter Punkt 3.3 aus - 40-mal so viel wie bisher.
"Ist im Einzelfall ein deutlich geringerer Abstand unabweisbar", so das BSI weiter, " ist diese Notwendigkeit schriftlich ausführlich darzulegen und einer Risikoanalyse zu unterziehen". Doch auch dann, sollten georedundante Rechenzentren keinesfalls unter 100 Kilometer auseinanderliegen.
Der Grund die Entfernung anzuheben, liegt laut BSI darin, dass es nicht möglich sei, "zukünftige potentiell schädliche Situationen und Ereignisse ausreichend sicher vorherzusagen". Im Klartext geht es um regionale Katastrophen, die auf einen Schlag beide Rechenzentren ausfallen lassen könnten. Dazu zählen neben Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Großbrände, Erdbeben, Vulkanausbrüchen oder Tsunamis auch von Menschenhand gemachte Unglücke, wie etwa Störfälle in Atommeilern. Für Betreiber von Rechenzentren, insbesondere, die vom Gesetzgeber als "kritische Infrastrukturen" eingestuften, hat diese Änderung weitreichende Folgen.
Empfehlungen des BSI für den sicheren Betrieb von Rechenzentren gelten vielen Organisationen als Richtschnur für den sicheren IT-Betrieb. Viele Branchen folgen den Empfehlungen deshalb freiwillig, andere, wie etwa die Bankenbranche, werden von ihren eigenen Verbänden bindend zur Einhaltung der Richtlinien des BSI angehalten.
Die Herausforderungen sind Migration, neue Technologien und eine Anpassung der Cloud Computing-Strategie
Die neuen Kriterien des BSI für die Standortwahl hochverfügbarer und georedundanter Rechenzentren werden Unternehmen kurzfristig vor zahlreichende Herausforderungen stellen und vielerorts eine Anpassung der heutigen DR-Strategie erfordern.
Unternehmen, die die bisher empfohlenen fünf Kilometer zwischen ihren georedundanten Rechenzentren einhielten, müssen sich nun nach mindestens einem neuen Standort für das zweite Rechenzentrum umschauen. Und das wird kein Kinderspiel, bedeutet der Wechsel doch eine umfangreiche Migration von Infrastruktur, Daten und aktiven Workloads. In vielen Fällen werden Organisationen ihre heutigen Disaster-Recovery-Strategien überdenken und entsprechend anpassen müssen.
Neue Voraussetzungen haben direkte Folgen für BC/DR
Auch auf die von vielen Unternehmen genutzten Systeme für BC/DR, die auf Technologien wie synchroner Spiegelung, Backups und Snapshots aufbauen, hat die Empfehlung Folgen: Mit der weiteren Entfernung erhöhen sich gleichzeitig die Latenzzeiten der Daten, die zwischen den Rechenzentrum hin und her verschoben werden. Die deutlich höhere Latenzzeit zweier so weit voneinander entfernter Rechenzentren macht insbesondere die Synchrone Replikation von Daten, auf der die Hochverfügbarkeit vieler Systeme aufbaut, effektiv unmöglich.
Wenn die verwendeten Technologien aufgrund geänderter Rahmenbedingungen nicht mehr funktionieren, bedeutet dies für Unternehmen, dass sie vor dem Problem stehen, zukünftig ihre VMs mit minimalem Performanceverlust und geringen RPOs zu schützen. Und zu guter Letzt, kann diese neue Empfehlung komplette DR- und Backupstrategien. die auf der Basis der bisherigen Richtlinien erstellt wurden, auf den Kopf stellen. Ganz gleich in welchem Stadium der Migration in das neuen DR-Rechenzentrum einer Organisation sein mag, die neue Richtlinie hat sehr wahrscheinlich Einfluss auf die DR-Strategien der meisten Unternehmen.
Fazit: Die Stunde von asynchroner Replikation und CDP scheint gekommen
Die meisten Unternehmen werden ihr zweites georedundantes Rechenzentrum wohl in einem Umreis von weniger als 200 Kilometern haben und sind demzufolge unmittelbar von der neuen Empfehlung des BSI betroffen. Somit stehen diese Unternehmen jetzt vor der Wahl, entweder ein drittes, weiter entferntes RZ aufzubauen, oder gleich in die Cloud zu migrieren. Dabei gibt es jedoch einen Haken. Die weitere Entfernung bereitet hinsichtlich Latenz, Bandbreite und der Größe von Snapshots unlösbare Probleme. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren, bleibt nahezu nur eine technische Möglichkeit auf diese weite Entfernung Redundanz zu gewährleisten: Continuous Data Protection, kurz CDP, mit asynchroner Replikation. (Zerto: ra)
eingetragen: 18.02.19
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